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Spendenappell für Gedenkstätte: Im Wald bei Blagowschtschina

Nahe des weißrussischen Minsk soll ein Gedenkort für Nazi-Opfer entstehen. Auch Berliner sind aufgerufen, dafür zu spenden.

1109 Kilometer ist es von Berlin nach Minsk, etwas näher als nach Paris und Venedig. Dass Weißrussland trotzdem himmel- oder höllenweit fern erscheint, liegt nicht nur an seinem Landesvater, dem letzten Diktator Europas. Gerade dieser Staat und seine Bevölkerung sind so schrecklich wie keines unserer Nachbarländer durch den GAU von Tschernobyl und schon vier Jahrzehnte zuvor, durch Vernichtungskrieg und Genozid, getroffen worden. Das stößt bei Bürgern vergleichsweise glücklicher Regionen an Grenzen der Vorstellungskraft.

Dennoch haben der Bundespräsident und der Regierende Bürgermeister in diesem Herbst dazu aufgerufen, das evangelische Internationale Bildungs- und Begegnungswerk beim Aufbau eines „europäischen Ortes der Erinnerung“ in Minsk zu unterstützen. Vor zehn Tagen reisten orthodoxe und katholische Bischöfe aus der weißrussischen Hauptstadt sowie eine Vertreterin der dortigen jüdischen Gemeinde nach Berlin und warben ebenfalls um Aufmerksamkeit für dieses Projekt. Einfach ist das hierzulande eher nicht, kurz nach dem Ausklang des Themenjahres „Zerstörte Vielfalt“, im Anschluss an die November-Gedenktage. Was haben die Berliner mit Minsk zu tun?

Für 1032 Berliner, die am 14. November 1941 und am 24. Juni 1942 dorthin deportiert wurden, hat sich diese Frage nicht gestellt. Der erste Transport dauerte vier, der zweite zwei Tage. Im Minsker Sonderghetto wurden sie zu harter Arbeit eingeteilt. Die das nicht aushielten, wurden, wie später auch die Arbeitsfähigen, im nahen Lager Trostenez getötet. Dort gab es eine Scheune, in der 6 500 Menschen erschossen wurden, einen Gaswagen, in dem andere erstickt, ein Krematorium, in dem 50 000 Menschen verbrannt, einen Wald, in dem vor allem Juden aus Deutschland und Österreich erschossen und verscharrt wurden. Am Krematorium und an der Scheune plant die Stadt Minsk ein Denkmal, doch der Wald an der Siedlung Blagowschtschina ist bislang bloß als Gedenkstättengelände ausgewiesen. Eine Geschichtswerkstatt Minsk, in der sich ehemalige Ghettobewohner, KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter treffen, besteht seit zehn Jahren mit Hilfe aus Deutschland. Diese Initiative soll nun durch die Gestaltung eines würdigen Erinnerungsortes ergänzt werden.

Die sonst für den Kinderschutz engagierte Bethe-Stiftung flankiert das Vorhaben mit der Zusage, jeden bis zum 16. Dezember eingehenden Spendeneuro, Ziellinie 150 000 Euro, zu verdoppeln. Klaus Wowereit bezeichnet Trostenez, die „letzte Lebensstation von über 1000 Berliner Bürgern“, auch als „letzten großen von den Nazis geschaffenen Vernichtungsort in Europa, an dem es bisher keine angemessene Gedenkstätte gibt“. Pfingsten 2014, wenn Weißrusslands Befreiung von der NS-Diktatur 70 Jahre zurückliegt, soll der Grundstein in Trostenez gelegt werden: ziemlich weit weg, sehr nah bei Berlin. Thomas Lackmann

IBB gGmbH, KD Bank, BLZ 35060190, Spendenkonto: 2100211044, Stichwort „Trostenez–Berlin“.

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