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Klamm. Tafel-Gründerin Sabine Werth braucht dringend Geld. Foto: dpa

© dpa/dpaweb

Spendenrückgang: Der Berliner Tafel ging das Geld aus - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren verzeichnete die Berliner Tafel einen dramatischen Spendenrückgang – nach der Treberhilfe-Affäre war das kein Einzelfall. Was Anke Myrrhe darüber schrieb.

Eigentlich ist sie diejenige, die Hilfe anbietet. Nun aber sieht sich die Berliner Tafel selbst in Not. „Wir sind am Ende unserer Reserven“, sagt Sabine Werth, Vorsitzende der Berliner Tafel Stiftung. Es mangelt zwar nicht an den Lebensmitteln, die von der gemeinnützigen Einrichtung an 125 000 Berliner monatlich verteilt werden. „Es ist kein Geld mehr da“, sagt Werth. Der Verein, der sich ausschließlich über Spenden finanziert, könne die laufenden Kosten noch bis zum Monatsende decken, dann werde es schwierig.

Gut 70 000 Euro muss die Berliner Tafel monatlich aufbringen, um die laufenden Kosten zu decken. Die 1300 Mitglieder zahlen einen Beitrag von 2,75 Euro monatlich, der Rest wird durch Spenden finanziert. Die seien jedoch in den vergangenen zwei Wochen massiv zurückgegangen. An einem Tag seien sogar nur fünf Euro auf dem Konto eingegangen. „Das ist absolut untypisch“, klagt Werth. Sie erklärt das vor allem mit den wieder vermehrten Aufrufen zu Spenden für die Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan.

„Das ist immer so, wenn solche fürchterliche Katastrophen passieren“, sagt auch Uwe Sievert, Vorstandsvorsitzender der Suchthilfe Synanon. Auch dort habe es in diesem Sommer, wie bei vielen gemeinnützigen Einrichtungen in Berlin, einen deutlichen Spendenrückgang gegeben. Sievert führt das jedoch auf einen anderen Grund zurück. „Die eigentliche Ursache ist die Treberhilfe“, meint er. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit März gegen die Treberhilfe, deren ehemaliger Chef Harald Ehlert öffentliche Gelder zweckentfremdet haben soll. Seit der Affäre um den „Sozial-Maserati“ sei eine deutliche Zurückhaltung erkennbar. „Ich bin überzeugt davon, dass Ehlerts Verhalten die Spender nachhaltig verunsichert hat“, sagt Sievert. Ein Mitarbeiter der Suchthilfe berichtet, dass die Menschen nun genauer nachfragten, wo ihr Geld lande.

Auch Oswalt Menninger, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Berlin, sieht die Hauptursache der Probleme bei der Treberhilfe. „Dort wurde der Eindruck vermittelt, dass mit dem Geld nicht ordentlich umgegangen wird.“ Zwar gibt es derzeit keine repräsentative Erhebung bei den 660 Mitgliedern des Paritätischen in Berlin, „wir hätten aber mitbekommen, wenn es große Probleme gäbe“, sagt Menninger. Beim ehrenamtlichen Engagement gebe es sogar einen Zuwachs.

Über mangelnde Arbeitskraft kann auch die Tafel nicht klagen. Rund 1900 Freiwillige helfen bei der Verteilung der Lebensmittel, die auch ausreichend gespendet würden, sagt Sabine Werth. Nur Geld sei eben keines mehr da. Bei der Caritas stößt das auf Unverständnis. Dort konnte Fundraising-Chef Peter Wagener zuletzt keinen deutlichen Spendenrückgang feststellen. Zwar liege das Spendenaufkommen derzeit noch rund 20 Prozent unter dem des Vorjahres, „die meisten Leute spenden an Weihnachten“. Bei der Caritas, die zusätzlich die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche verarbeiten muss, sei die Situation „nicht dramatisch“. Auch bei Synanon spenden viele Menschen – doch man ist nicht nur auf Spenden angewiesen. Die betreuten Suchtpatienten erwirtschaften Geld in Zweckbetrieben wie Umzugshilfe oder Gebäudereinigung, zudem steht die Stiftung auf der Bußgeldliste der Gerichte.

Die Berliner Tafel dagegen finanziert sich ausschließlich über Spenden – und das ganz bewusst. „Wir wollen uns von niemandem abhängig machen“, sagt Sabine Werth. Vor allem nicht von der Politik. Das meiste Geld kommt von vielen Einzelspendern. Auch bei Großspendern ist man vorsichtig. „Wir nehmen nur an, wenn damit keine Verpflichtung einhergeht“, sagt Werth. Deswegen ist die Tafel zwar ohne große Probleme durch die Finanzkrise gekommen – wenn, wie jetzt, viele kleine Beträge wegfielen, falle das aber um so stärker ins Gewicht. Die Rücklagen für die Anschaffung von 13 neuen Autos, die wegen der Einführung der Umweltzone nötig waren, seien aufgebraucht, die Leasingkosten müssten gedeckt werden. Als Verein darf die Tafel jedoch nicht zweckungebundene Rücklagen anhäufen, weshalb ein Einbruch der Spenden schnell zur Zahlungsunfähigkeit führen kann.

Dennoch blickt Werth zuversichtlich in den kommenden Monat. Denn bereits nach dem ersten Hilferuf standen die Telefone nicht mehr still.

Spendenkonto:

Berliner Tafel e.V. Berliner Volksbank BLZ 100 900 00 Konto 5 457 793 008 SWIFT/BIC-Code: BEVODEBB IBAN: DE92 1009 0000 5457 7930 08

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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