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Berlin: Sperre trifft Firmen, Schulen und Vereine

IHK warnt vor dem Stopp der Wirtschaftsförderung. Feuerwehrchef unterschreibt noch schnell vier Beförderungen

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Von Sandra Dassler

und Susanne Vieth-Entus

Überraschend kam die Ankündigung der Haushaltssperre eigentlich nicht. Und trotzdem löste sie in den Verwaltungen Hektik und bei der Wirtschaft große Sorgen und Bedenken aus. Richtig viel Arbeit kommt in den nächsten Tagen auf die Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu. „Die Kollegen müssen sämtliche Verträge prüfen – ob Hochbau, Tiefbau oder Umweltschutz“, sagte Sprecherin Petra Rohland: „Jeder Radweg, jedes Stück Zufahrtsstraße kommt auf den Prüfstand – wenn das Land sich noch nicht vertraglich gebunden hat.“ Ähnliches war aus den Senatsverwaltungen für Wirtschaft und Inneres zu hören. Welche Projekte konkret betroffen seien, so hieß es dort, könne man frühestens Anfang nächster Woche sagen.

Sehr konkret ist hingegen die Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Die Auswirkungen dieser Haushaltssperre werden sehr negativ sein“, prognostiziert der Bereichsleiter für Wirtschaft und Finanzen, Manfred Kern-Nelle: „Es wird ab sofort keine neuen Förderbescheide geben. Das trifft alle Unternehmen, die Anträge auf Förderung gestellt und noch nicht bewilligt bekommen haben. Selbst wenn die Aussichten auf Förderung hervorragend waren, selbst wenn durch den Stopp der Auszahlung durch Berlin auch die Fördergelder vom Bund und von der EU wegfallen.“ Die IHK hat leidvolle Erfahrungen gemacht. Als der damalige Finanzsenator Peter Kurth (CDU) 2001 eine Haushaltssperre verhängte, blieben über 600 Anträge von Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von 2,1 Milliarden D-Mark liegen. „Für die betroffenen mittelständischen Firmen bedeutet das totale Planungsunsicherheit“, sagt Kern-Nelle, „und die Konjunktur belebt so etwas auch nicht gerade.“

Senatssprecher Michael Donnermeyer hatte zunächst abgewiegelt: „Die Haushaltssperre wird lediglich zum Aussetzen des alljährlichen Dezemberfiebers führen“, sagte er. Feuerwehrchef Albrecht Broemme widersprach sacht: „Natürlich war es früher in manchen Behörden so, dass man erst kurz vor Ende des Jahres begann, vorhandene Gelder auszugeben. Angesichts der knappen Kassen hat sich dieses Verhalten in den letzten Jahren aber fast überall verändert.“ Broemme selbst hat seine neuen Einsatzfahrzeuge schon im Sommer bestellt und die zur „Aufrechterhaltung des normalen Einsatzdienstes notwendigen Mittel“ müssen trotz Haushaltssperre zur Verfügung stehen. Der Feuerwehrchef konnte gestern nur eines tun: „Ich habe ganz schnell noch die Beförderungen für vier Kollegen unterschrieben“, sagt er: „Es ist eine Erfahrung aus den vergangenen Jahren, dass bei Haushaltssperren die Kollegen manchmal ein halbes Jahr auf ihre Beförderung und die damit verbundene Gehaltserhöhung warten mussten.“

Die Auswirkungen auf die Bezirke werden sich hingegen „für das laufende Haushaltsjahr in Grenzen halten“. Das meint Monika Thiemen, Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf: „Fast alles ist vertraglich fixiert, beim größten Ausgabeposten, dem Personal, gibt es Beschäftigungssicherung bis 2009. Sozialausgaben sind Rechtsansprüche der Bürger. Gekürzt werden kann eigentlich nur bei den Zuwendungsgeldern für Vereine und Initiativen. Das trifft vor allem die Ost-Bezirke. Bei uns könnte es dazu führen, die Angebote für Jugendliche in den Sommerferien zu streichen.“

Auch der Schulbereich wird die Haushaltssperre zu spüren bekommen. So könnten längst bewilligte Projekte aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm gestoppt werden, sofern die Bauarbeiten noch nicht begonnen haben. Als Beispiele nennt der Tempelhof-Schöneberger Schulamtsleiter Horst Getschmann die Renovierung der Jungentoilette der Schätzelbergschule oder die Erneuerung einer Glasbausteinwand der Paul-Simmel-Sporthalle. Auch Einstellungen würden erschwert. Wenn etwa ein Hausmeister in Pension gehe, müssten die Kollegen aus Nachbarschulen einspringen.

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