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Berlin: Sperrstunde für fremdenfeindliche Wirte

Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg plant multikulturellen Kneipencheck: Lokal-Betreiber, die keine Ausländer bedienen, sollen Konzession verlieren

Rassisten hinterm Kneipentresen soll künftig die Gaststättenkonzession entzogen werden. Dies plant zumindest der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Um rassistische Kneipiers ausfindig zu machen, plant Wirtschaftsstadtrat Lorenz Postler (SPD) einen „multikulturellen Kneipencheck“. Mitarbeiter seines Amtes werden gemeinsam mit Mitgliedern einer interkulturellen Begegnungsstätte, dem Bayouma-Haus, inkognito diverse Kneipen testen, ob man dort ganz normal bedient werde. Erst am Donnerstag hatten der Afrika-Rat und die Liga für Menschenrechte angekündigt, eine Broschüre für so genannte „No-go-Areas“ herauszugeben. Das sind Stadtviertel, in die Schwarze nicht gehen sollten, um sich nicht zu gefährden (siehe Kasten).

Anlass für diesen Kneipencheck ist ein Vorfall, der sich in einem Lokal in der Kreuzberger Dieffenbachstraße zugetragen hat. Ende März war eine 23-jährige Kellnerin zu 300 Euro Geldstrafe verurteilt worden, weil sie sich geweigert hatte, einen 35-jährigen Studenten aus Kamerun zu bedienen.

Stadtrat Postler beunruhigte an dem Fall aus seinem Bezirk vor allem, dass es laut Gerichtsurteil Anhaltspunkte gebe, dass die Kellnerin auf Anweisung ihres Chefs gehandelt habe. „Dies werden wir prüfen“, sagte der Politiker.

Zudem seien ihm von verschiedenen Zeugen drei Gaststätten in Friedrichshain genannt worden, in denen Ausländer aufgrund ihrer Hautfarbe nicht bedient würden. Namen wollte er nicht nennen, um den Kneipencheck nicht zu gefährden und die Wirte nicht vorzuverurteilen.

Die Möglichkeit, die Konzession zu entziehen, hat der Wirtschaftsstadtrat allerdings nur, wenn sich durch Zeugenaussagen beweisen lässt, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. „Bevor wir einen Gastwirt anzeigen, wird es ein Gespräch geben“, sagte Postler. Rassistisches Verhalten sei mit Artikel 3 des Grundgesetzes (Diskriminierungsverbot) nicht vereinbar. „Es ist nicht nur menschlich verwerflich“, sagte Postler, es sei auch wirtschaftsschädigend für den Bezirk und die Metropole Berlin.

Auch in Hinblick auf die Fußball-WM müsse gezeigt werden, „dass Berlin eine weltoffene Stadt ist“. Ein Sprecher der Berlin Tourismus Marketing GmbH sagte, dass „alle Initiativen wichtig sind, die für Berlin eine positive Außenwirkung haben“.

Beim Hotel- und Gaststättenverband (Hoga) stieß Postlers Idee auf geteilte Meinungen: So sagt Hoga-Mitglied Gero Winiarsci, Mitbetreiber des „Weihenstephaner“ in Mitte, dass Rassismus in Kneipen eher die Ausnahme sei. Doch wo Ausländer nicht bedient würden, „ist ein Entzug der Konzession angebracht“. Herita Wolf, bei der Hoga zuständig für Charlottenburg-Wilmersdorf, sieht einen Kneipencheck für ihren Bezirk nicht als notwendig an. „Ich halte das für übertrieben.“ Ihr sei so etwas noch nicht zu Ohren gekommen. Der Betreiber des Restaurants „Papaya“ in Friedrichshain findet die Idee seines Stadtrates „unterstützenswert“. Es sei richtig gewesen, dass beim Vorfall in der Dieffenbachstraße der diskriminierte Gast aus Kamerun die Kellnerin angezeigt hat.

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