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Berlin: Spiegel der Verhältnisse

Bilanz der Verwaltungsgerichte: Mehr Ausländer- und Sozialrechtsfälle

Nicht nur mit der Wurstbude am Brandenburger Tor und den StasiUnterlagen über Helmut Kohl befassen sich die Berliner Verwaltungsgerichte – auch andere Streitigkeiten aus allen Lebenbereichen landen immer häufiger dort. Das sagten die beiden Präsidenten von Verwaltungsgericht (VG) und Oberverwaltungsgericht (OVG), Alexander Wichmann und Jürgen Kipp, gestern bei der Vorstellung ihrer Jahresbilanz.

Besonders stark gestiegen ist im vergangenen Jahr die Zahl der Verfahren zum Ausländer- und Sozialrecht. „Das ist ein Spiegel der sozialen Verhältnisse in der Stadt“, sagte der neue OVG-Präsident Kipp. Beim Oberverwaltungsgericht gingen im vergangenen Jahr mehr als 2300 neue Fälle ein, das waren knapp 23 Prozent mehr als im Jahr 2001. Die 22 Richter erledigten 2154 Fälle, 336 mehr als im Vorjahr.

Obwohl bei beiden Gerichten weniger Richter mehr Verfahren erledigten, belasteten ungeklärte „Altfälle“ die Instanzen. Dies sei unerträglich. „Wir müssen das jetzt deutlich reduzieren“, sagte der neue Präsident des Oberverwaltungsgerichts.

Der älteste Streitfall am OVG dreht sich um eine Bodenverunreinigung in Berlin-Kladow und schleppt sich seit zehn Jahren mit einem teuren Streit von Gutachtern hin. Das sei aber ein „Ausreißer“, so Kipp. Es gebe 194 Fälle, die vor dem 31. Dezember des Jahres 2000 eingingen und noch nicht entschieden seien.

Bei der ersten Instanz, dem Verwaltungsgericht, wurden nach Angaben von Präsident Alexander Wichmann 2002 rund 23 400 Klage- und Eilrechtsschutzverfahren neu registriert. Das waren 2000 mehr als ein Jahr zuvor. Erledigt werden konnten rund 24 120 Verfahren. In dieser Instanz schmoren trotzdem 26 000 Restfälle. Durchschnittlich wartet der Kläger fast 20 Monate auf eine Entscheidung erster Instanz, im Eilverfahren 2,7 Monate.

Die Streitfälle um das Demonstrationsrecht in Berlin sind laut Wichmann zurückgegangen. Die Versammlungsbehörde berücksichtige verstärkt die Rechtsprechung und erteile nur noch selten Totalverbote. Wenn gestritten werde, dann meist um Auflagen. Bemerkbar mache sich auch der Zuzug der Bundesministerien. Die Zahl der Streitigkeiten im Beamtenrecht sei gestiegen, ebenso die Zahl der Klagen von Ausländern auf Visa-Erteilung – allein das waren im vergangenen Jahr 2000 Stück. fk

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