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Berlin: Spielend die Krankheit vergessen

Spendenaktion: Die Kita-Fuggerstraße betreut HIV-infizierte und behinderte Kinder

Vorsichtig setzt Marie* einen Bauklotz auf den anderen. Rot auf blau auf grün. Über 30 Zentimeter ist ihr Turm schon hoch. Dann läuft Marie auf Eva Kikut zu und schlingt die Arme um die Heilpädagogin. „Ich hab dich lieb“, sagt sie – und streckt drei Finger von sich: „So alt bin ich.“ Kikut streicht dem Mädchen über das lange Haar. „Können Sie sich vorstellen, dass andere Kitas dieses Mädchen nicht aufnehmen wollten?“, fragt die Leiterin der integrativen Kindertagesstätte Fuggerstraße. Marie leidet an der Viruserkrankung Hepatitis C. Es sind Kinder wie Marie, für die die Kita in Schöneberg gedacht ist. Kinder, die HIV- oder Hepatitis-C-infiziert sind. Kinder, die körperlich oder geistig behindert sind. Aber auch gesunde Kinder werden hier betreut – heilpädagogisch, logopädisch und physiotherapeutisch.

Die Einrichtung hat der praktische Arzt Jesus Dobao am 20. August 2001 begründet. Träger ist der gemeinnützige Verein Kita Fuggerstraße e.V. Angefangen hat die Kita mit der Betreuung eines HIV-infizierten Kindes. Inzwischen kümmern sich die Heilpädagogin Kikut, eine Kinderkrankenschwester, ein Zivildienstleistender und eine angehende Erzieherin um elf Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren. Angst vor Ansteckung haben die Eltern der nicht-infizierten Kinder nicht, sagt die Kita-Leiterin. Denn über Speichel oder Schnupfen können sich die Viren nicht verbreiten. Um einhundertprozentig sicher zu gehen, hat aber jedes Kind einen eigenen Zahnputzbecher, eine eigene Zahnbürste, einen eigenen Nachttopf und ein eigenes Handtuch.

Den Kindern sind die Krankheiten ihrer Spielkameraden jedoch nicht bewusst, wenn sie gemeinsam Nudeln essen, lachen oder singen. „Der Nikolaus geht um das Haus“ und „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ hallt es durch die Räume der Kindertagesstätte. Die Kinder üben Lieder für die Weihnachtsfeier in der nächsten Woche mit ihren Eltern und anderen Angehörigen. Weihnachtssterne hängen von der Decke. Auf dem Fensterbrett steht ein Mini-Weihnachtsbaum, an der Wand klebt ein selbst gemalter, großer Nikolaus. Die vierjährige Laura* kreischt vor Freude und klatscht nach jedem Lied laut Beifall. Laura ist HIV-infiziert und seit einem Jahr in der Fuggerstraße. „Als Laura hergekommen ist, konnte sie kaum gehen. Jetzt kann sie sogar laufen. Das macht mich stolz,“ sagt Kikut. In einer Akte hat sie die Persönlichkeitsentwicklung des Mädchens detailliert aufgeführt – so macht sie es bei allen Kindern. Auf diese Weise versucht sie, die Stärken eines jeden Kindes sichtbar zu machen. „Ich sehe den ganzen Menschen, nicht nur die Krankheit“, betont die 47-Jährige. Fordern, fördern, aber nicht überfordern, ist ihre Devise.

Laura hat schon gelernt, wie man sich selbst an- und auszieht – auch wenn dies das kranke Mädchen schon anstrengt. Sie zieht ihren Pullover über den Kopf, dann schlüpft sie aus ihrer Strumpfhose, legt beide Kleidungsstücke fein säuberlich über einen kleinen Stuhl. Es ist Zeit für einen kleinen Mittagsschlaf. Aus einer Holzschublade nimmt sich Laura noch ein Stofftier und geht dann ins Nebenzimmer. Elf kleine Betten stehen dort – alle dicht an dicht, jedes mit einem anderen Bettbezug. Wie bei Schneewittchen und den sieben Zwergen.

Doch all das kostet Geld. Geld, dass die Kita-Betreiber nicht ausreichend haben. Deswegen wünschen sie sich von den Tagesspiegel-Lesern Geld für den laufenden Unterhalt ihrer Einrichtung. Immer wieder stehen Therapiemittel auf der Einkaufsliste. Neue Möbel sind teuer, da fast alles maßangefertigt werden muss, zum Beispiel Stühle.

In der Kita Fuggerstraße rufen immer häufiger Eltern an, die nach einem Platz für ihre Kinder fragen (Tel. 219 64 564). Doch derzeit sind die Kapazitäten erschöpft. Für das kommende Jahr plant der gemeinnützige Verein Kita deshalb eine Erweiterung der Räume. Tagesspiegel-Leser können mithelfen, dass Kinder, die andernorts abgelehnt werden, hier ein zweites Zuhause finden. Dafür werden aber noch dringend neue Spiele und therapeutisches Material, aber auch neue Möbel gebraucht. Außerdem würde Frau Kikut gerne einmal mit ihren Schützlingen an die Ostsee fahren. „Am Wasser lassen sich die Sinne auf eine völlig andere Art anregen“, sagt die Heilpädagogin. Das Geld unserer Leser könnte in der Fuggerstraße viel bewirken. Denn viele der Eltern sind selbst krank, behindert oder arbeitslos.

Wenn Sie die Tagesspiegel-Spendenaktion unterstützen möchten: Stichwort „Menschen helfen!“, Kontonummer 250030942 bei der Berliner Sparkasse mit der Bankleitzahl 10050000. Bitte geben Sie auf dem Beleg Ihren Namen und die Anschrift komplett an, damit wir den Spendenbeleg zuschicken können. Auch Online-Banking ist möglich. *Namen von der Redaktion geändert.

Viola Volland

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