zum Hauptinhalt
Verkehrsplaner gesucht: "Cities in Motion".

© Tagesspiegel.de

Spieltherapie für Berliner: Einmal an den Hebeln sitzen

Ob S-Bahn-Chaos oder überfüllte Busse: Die Berliner sind leidgeprüft. Wer immer schon der Meinung war, den Nahverkehr besser regeln zu können als die Verantwortlichen, darf das jetzt im Computerspiel "Cities in Motion" unter Beweis stellen.

Nichts geht mehr in Berlin. Zumindest nicht an diesem Sommertag des Jahres 2020. Die Weltausstellung hat zehntausende Touristen in die Stadt gelockt, und alle scheinen jetzt gleichzeitig unterwegs zu sein – zusätzlich zu den Hauptstadtbewohnern. Längst ist der Nahverkehr kollabiert: Die Busse sind heillos überfüllt und stecken im Stau, die S-Bahnen fahren noch seltener als im Winter. Während die Passagiere schwitzen und fluchen, beklagt der Senat die Planlosigkeit der Verkehrsmanager. Willkommen in der Expo-Stadt Berlin!

Das geschilderte Chaos stammt aus dem soeben erschienenen Computerspiel "Cities in Motion". Besonders abwegig erscheint ein solcher Verkehrs-GAU nicht: Die surrealen Zustände im Berliner S-Bahn-Verkehr des Winters 2010/2011 lassen so manchen Fahrgast mutmaßen, er befinde sich im falschen Film. Vor diesem Hintergrund entfaltet ein an sich harmloses Computerspiel wie "Cities in Motion" geradezu therapeutische Wirkung: Endlich einmal darf der leidgeprüfte Nahverkehrsteilnehmer selbst an die Schalthebel der Macht – und darf beweisen, dass er es besser kann als die ganzen hochbezahlten Miss-Manager.

Die fiktive Weltausstellung im Jahr 2020 ist nur eines von vielen Szenarien des Spiels. Neben Berlin sind auch Amsterdam, Helsinki und Wien Schauplätze von "Cities in Motion". Die Einzelspieler-Kampagne umfasst hundert Jahren Nahverkehrsgeschichte, angefangen in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Zu Beginn sind die Aufgaben noch simpel, der Spieler richtet eine Pendelbuslinie zwischen Vorort und Fabrik ein oder legt einen Tram-Ring um die Innenstadt an. Später gilt es, eine teure U-Bahn gewinnbringend zu betreiben oder einen ganzen Stadtteil ans Verkehrsnetz anzuschließen. "Cities in Motion" erweist sich dabei als anspruchsvolle Wirtschaftssimulation: Auslastung und laufende Kosten sind ebenso wichtig wie sorgfältig aufeinander abgestimmte Verkehrswege. Höhere Ticketpreise bringen zwar mehr Gewinn, vergraulen aber einen Teil der Fahrgäste. Überbelegte und veraltete Fahrzeuge lassen das Image der Verkehrsbetriebe in den Keller sacken. Aber wer weiß, vielleicht hilft ja eine breit angelegte Werbekampagne? Dem Spiel ist nichts Weltliches fremd.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wer sich von "Cities in Motion" eine detailgetreue Nachbildung Berlins erwartet, wird zweifellos enttäuscht werden. Die Karte umfasst zwar einen Großteil des realen Stadtgebietes, das Straßengeflecht ist aber an vielen Stellen reduziert, damit die Simulation nicht zu komplex wird. Wahrzeichen wie das Brandenburger Tor findet man durchaus, Bauwerke neueren Datums wie den Hauptbahnhof aber eher nicht, stattdessen stehen an diesen Stellen Platzhaltergebäude. Auf den Gehwegen hält sich das Gewusel in Grenzen. Aber wehe, wenn der Bus mal nicht kommt: Dann bilden sich an den Haltestellen ganz schnell Warteschlangen. Neben Bus, Tram und Metro stehen dem Hobby-Verkehrsplaner auch Fähren und Hubschrauber zur Verfügung.

Was "Cities in Motion" besonders interessant macht, ist die Möglichkeit, verschiedene Epochen durchzuspielen. Das Berlin der 1920er Jahre, die geteilte Stadt, Berlin nach dem Mauerfall: Jedes dieser Szenarien stellt den Spieler vor neue Herausforderungen und vermittelt historisches Flair. Wer lieber völlig neue Städte erschafft, ist im Sandkasten-Modus gut aufgehoben - die fertigen Eigenkreationen lassen sich über das Internet mit anderen Spielern tauschen.

"Cities in Motion" für PC. Keine Altersbeschränkung. Preis: 30 Euro. Eine Demo-Version ist ebenfalls erhältlich. Hardware-Mindestausstattung: 2-Gigahertz-Prozessor, 2 GB Arbeitsspeicher, Grafikkarte mit 512 MB RAM

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false