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Von links: Frank Henkel (CDU), Renate Künast (Grüne), Harald Wolf (Linke), Christoph Meyer (FDP) und Klaus Wowereit (SPD) vor ihrem Auftritt im RBB.

© Reuters

Spitzenkandidaten zur Berlin-Wahl im RBB: Die Runde der Zwergelefanten

Die Spitzenkandidaten der fünf etablierten Parteien trafen sich zur Befragung im RBB-Fernsehen. Eine ulkige Pirouette und ein lustiger Moment - ansonsten regierte das Kalkül.

Der Begriff der Elefantenrunde haftet seit Helmut Kohl zäh an derlei Veranstaltungen, auch wenn die Teilnehmer nur Zwergelefanten sind oder sprechende Wahlplakate wie im Fall der Sendung, die uns der RBB unter dem Signum "Klipp & klar" angeboten hat. All diese Sendeformate sind inzwischen durchgezählt und ausgewogen bis zum Überdruss, und so wirkte nur die Tatsache, dass die Kandidaten nicht miteinander, also überhaupt nicht diskutieren durften, irgendwie überraschend. Denn es ist ja gerade der Streit der Kandidaten, der Sendungen über hundertzehnprozentig durchgenommene Themen überhaupt noch interessant macht, der ein Moment des Unvorhersehbaren, Unkalkulierbaren einbringt und zumindest die rhetorischen Fähigkeiten fordert.

Wozu also das ganze Getue? Die Berliner Kandidaten kennen sich gegenseitig nämlich bis zum Überdruss. Sie haben sich in den letzten Wochen auf Berlins Straßen gestählt und reagieren auf das Vorhersehbare vorhersehbar. A 100, Tempo 30, Nachtflugverbot als Stichworte an alle. Was werden sie wohl dazu sagen? Natürlich das, was sie seit Wochen und Monaten unentwegt dazu sagen. Die ungelenk vorgetragenen Fragen der Berliner Schüler, die offenbar als belebendes Element gedacht waren, tragen auch nichts zur Vertiefung der Diskussion bei, denn wenn es gelungen ist, zu ihrem Sinngehalt vorzudringen, bleibt wenig Neues.

Offenbar ist es doch nicht ganz falsch, im Allgemeinen professionelle Journalisten mit dieser Aufgabe zu betrauen, denn sie kommen auf den Punkt und sparen dadurch Zeit; man muss Sascha Hingst und Cathrin Böhme zumindest diese Fähigkeit attestieren. Immerhin muss Renate Künast auf eine Schülerfrage eine ulkige Pirouette drehen, um das Wesen der Berlinerin zu erklären, die sie eigentlich nicht ist. Aber mit der Frage, ob man die Grünen nun wählen solle oder nicht, hat das so gut wie nichts zu tun. Ihr immerhin merkt man auch an, dass sie das, was ihre Basis gern zu wünschen beliebt, irgendwie mehrheitskompatibel umformuliert, bis man nun überhaupt nicht mehr weiß, wo der grüne Markenkern denn zu finden wäre.

Lesen Sie auf Seite 2, wer nach Matthies Ansicht den besten Auftritt hingelegt hat.

Lustig wird es eigentlich nur einen Moment lang, als sich Frank Henkel zu den programmatischen Spezialitäten der Piratenpartei äußern soll und, was verständlich ist, nicht viel mehr darlegen kann, als dass sich diese Partei für ein freies Internet einsetzt. Die Piraten sind aber erst am Donnerstag dran und werden sich dann vermutlich mit Tierschützern und Freiheitlern herumstreiten müssen, was eine wesentlich höhere Dosis Spaß verspricht als der harmlose, fleischfreie Begattungstanz der Elefanten. Vielleicht sind dann sogar noch kleine Überraschungen zu erwarten.

Was hat uns die Runde an Erkenntnis gebracht? Die Berliner Spitzenkandidaten der fünf etablierten Parteien können sich vor der Fernsehkamera behaupten. Sie tragen ihre programmatischen Absichten fehlerfrei vor, vergessen nie, sich brav gleichermaßen an Wählerinnen und Wähler zu richten und damit den genderpolitischen Sprechern und Sprecherinnen ihrer Partei zu gefallen. Und sie sagen nichts, was sich in eine noch so bescheidene neue Schlagzeile pressen ließe.

Somit ist das Ergebnis klar: Klaus Wowereit, dem die Regie von klein nach groß auch noch das letzte Wort gibt, kann sich mit seiner Lockerheit und Erfahrung als Nachfolger seiner selbst bestens in Szene setzen. Renate Künast dagegen wirkt verkrampft, weil sie sich gleich am Anfang gegen das Frageregiment auflehnt und kämpft, wo Coolness angemessen wäre. Sendungen wie diese sind wie Rundfunkratssitzungen, so ausgewogen, abgemessen, ausdiskutiert, dass kein Zuschauer am Ende in die Gefahr gerät, seine schon bestehende Meinung revidieren zu müssen.

Man wird vermuten dürfen, dass ihre Wirkung auf das Wahlergebnis irgendwo im Promillebereich versunken ist.

Unsere Sonderseite zum Thema finden sie hier: Wahl in Berlin

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