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Spracherwerb: Deutsch für alle

Vorschüler sollen länger gefördert werden. Der Senat weitet sein Sprachprogramm auf ein Jahr aus. Eine Schulung für Kinder mit Defiziten wird obligatorisch.

Berlin will künftig alle Kinder mit Sprachdefiziten ein Jahr lang verbindlich fördern, bevor sie in die Schule kommen. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) legte am gestrigen Dienstag einen Gesetzentwurf im Senat vor, nach dem künftig die vorschulische Sprachförderung von bislang einem halben Jahr verdoppelt wird.

Alle Kinder sollen im kommenden Frühjahr obligatorisch getestet werden und bei Bedarf ab Sommer 2008 ein Jahr lang in den Kitas oder anderen Einrichtungen geschult werden. So wären sie auf den Schulbeginn 2009 besser vorbereitet und hätten mehr Chancen auf eine erfolgreiche Schulzeit, sagte Bildungsstaatssekretär Eckart Schlemm. Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich vom Senat und vom Abgeordnetenhaus bis zum Jahresende beschlossen und soll am 1. Februar 2008 in Kraft treten.

Derzeit werden von rund 30 000 Berliner Kindern 6000 obligatorisch im letzten halben Jahr vor der Schulpflicht gefördert, sagte der Bildungsstaatssekretär. Das betreffe Kinder mit Migrationshintergrund ebenso wie Kinder aus deutschsprachigen Familien. Die meisten werden in den Kitas unterrichtet, knapp 500 besuchen keine Kita und erhalten externen Unterricht. Bei einem früheren Sprachtest und einer ganzjährigen Schulung rechnet die Bildungsverwaltung mit wesentlich höheren Zahlen – schon allein deshalb, weil die Kinder jünger sind.

Der Senat habe beschlossen, die Förderung auszuweiten, weil bisherige Erfahrungen gezeigt hätten, dass ein halbes Jahr nicht ausreiche, sagte Schlemm. Eine detaillierte Evaluation der vor zwei Jahren eingeführten Sprachförderung soll demnächst durchgeführt werden. Was das erweiterte Förderprogramm kostet, mochte die Verwaltung nicht vorhersagen, solange der Bedarf noch unklar sei.

Welche Kinder nach den neuen Vorschriften im Kita-Alter geschult werden, sollen standardisierte Sprachstandstests zeigen, die künftig jährlich bis zum 31. Mai in den Kitas durchgeführt werden und jeweils eine Stunde dauern. Zeigen sich bei Kindern Sprachdefizite, sollen sie nach den Sommerferien 15 Stunden Sprachförderung pro Woche erhalten. Dafür werden bereits Tausende Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet. Alleine im vergangenen Jahr haben laut Bildungsverwaltung 3000 Pädagogen an Schulungen teilgenommen, um die Sprachförderung anzubieten. Kitas, die künftig mehr Unterricht anbieten, sollen dafür laut Bildungsverwaltung mehr Geld und mehr Personal erhalten.

Damit die Sprachförderung auch Kinder aus eher bildungsfernen Familien erreicht, wird der einjährige Unterricht gesetzlich verbindlich festgeschrieben. Dafür ändert der Senat das Schulgesetz und schränkt das Recht auf persönliche Freiheit ein, „damit alle an der Sprachförderung teilnehmen“, wie Bildungsstaatssekretär Schlemm sagt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Berlin nach seiner Ansicht schon jetzt „ganz gut da“.

So hätten Nordrhein-Westfalen und Brandenburg kürzlich das bisherige Berliner Modell kopiert. Die jetzige Ausweitung hatten SPD und Linkspartei vergangenes Jahr in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.

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