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Kontrollschicht. Mitarbeiter der Potsdamer Wasserwerke entnehmen derzeit Proben aus Babelsberger Leitungen, weil das Wasser verschmutzt ist. Foto: dapd/Klaus-Dietmar Gabbert

© dapd

Berlin: Spur der Keime

6000 Einwohner Eberswaldes müssen ihr Wasser abkochen. In Potsdam wurden Rohre gespült

Potsdam - Nicht nur in Potsdam-Babelsberg, auch in anderen Teilen Brandenburgs haben die Wasserversorger mit coliformen Keimen in ihren Leitungsnetzen zu kämpfen. Im Barnim dürfen 6000 Einwohner Eberswaldes und anderer Gemeinden wie Kloster Chorin bereits seit mehr als einer Woche kein Wasser mehr aus der Leitung trinken, sondern müssen es fürs Kochen und zum Zähneputzen abkochen. In Neuzelle (Oder-Spree) kämpft der Wasserversorger bereits seit Dezember 2010 in mehreren Straßenzügen gegen diese Keime. Als letztes Mittel musste dort das Trinkwasser mit Chlor desinfiziert werden.Seit Anfang Juli wurden in Proben keine Keime mehr gefunden. „Unsere Situation ist aber nicht mit der in Potsdam zu vergleichen“, sagte die Sprecherin des Landkreises Barnim, Marianne Suntrup.

Allerdings machen die Erfahrungen in Eberswalde und Neuzelle wenig Hoffnung auf baldige Besserung in Potsdam. Bereits im Sommer 2010 dauerte eine Keimbelastung im Raum Bernau fast vier Wochen. Die Ursache ist unklar.

Nur im Babelsberger Leitungsnetz wurden neben den coliformen Keimen auch das gesundheitsschädliche und Durchfall verursachende Bakterium Escherichia coli (E. coli) gefunden, zuerst an einer Kita. Dass beides in Proben vom Montag nachgewiesen wurde, ist laut Potsdamer Gesundheitsamtes ein Hinweis auf eine Verunreinigung mit Fäkalien. Seit Mittwoch müssen daher etwa 10000 Babelsberger das Leitungswasser abkochen, um die krankheitserregenden Mikroorganismen abzutöten. Am Freitag prüfte das Potsdamer Gesundheitsamt, ob die Einwohner einer weiteren Straße in Babelsberg Wasser abkochen müssen – „aus Sicherheitsgründen“, sagte Fachgebietsleiterin Anke Latacz-Blume. Die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) ließ Handzettel an die betroffenen Haushalte verteilen. Das Unternehmen spülte am Freitag die Rohre und nahm an 20 Stellen erneut Proben. Erste Ergebnisse werden am heutigen Sonnabend veröffentlicht. Dann werde sich zeigen, ob bei der ersten Messung Fehler unterliefen oder ob sich der Herd der Verunreinigung eingrenzen lasse. „Bisher tappen wir im Dunkeln“, sagte EWP-Sprecher Stefan Klotz. Möglich sei, dass illegal Abwässer eingeleitet worden oder Keime bei Bauarbeiten am Netz in das Rohrsystem gelangt seien. Auf den Einsatz von Chlor wolle man zunächst verzichten. Deshalb habe man auch ein entsprechendes Hilfe-Angebot aus Berlin abgelehnt.

Eine ganz andere Erklärung lieferte das Landratsamt Barnim, nach dessen Angaben keine E. coli oder EHEC aufgetreten seien und daher keine Gesundheitsgefahr bestanden habe. Die Barnimer Amtsärztin Beate Schmidt-Grimm wies darauf hin, dass bei warmem Wetter die coliformen Keime im Wasser nicht ungewöhnlich seien.„Es ist durchaus möglich, dass Starkregen, wie er in letzter Zeit aufgetreten ist, dazu geführt hat“, ergänzte Behördensprecherin Marianne Suntrup. Zuletzt hatte es auch für Berlin Warnungen gegeben, nach heftigem Regen Freibäder und Seen zu meiden, weil dann etwa Reste von Hundekot in die Gewässer gespült würden. Nach dem gleichen Prinzip könnten etwa an Baustellen Keime in die Rohre gelangt sein, sagte EWP-Sprecher Klotz. Direkt am Wasserwerk, das Babelsberg versorgt, seien die Proben aber einwandfrei. Wie vorgeschrieben lägen die Werte dort für coliforme Keime und E. coli bei null je 100 Milliliter.

Zuletzt hatten die Stadtwerke im Jahr 2007 eine Warnung vor Coli-Bakterien herausgegeben. Damals war das Leitungswasser in Groß Glienicke über Wochen verunreinigt. Derartige Fälle sind selten. Nach dem jüngsten Dreijahresbericht des Bundesgesundheitsministeriums wurden von 2005 bis 2007 in ein bis zwei Prozent der Überwachungsproben deutschlandweit coliforme Bakterien festgestellt. Weniger als 0,2 Prozent der Proben waren mit Escherichia coli belastet. In Brandenburg waren von 2008 bis 2010 fünf Proben auffällig.

„In Berlin hat es mit Sicherheit seit 2004 keine Verunreinigung des Trinkwassers gegeben“, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit Regina Kneiding. Ein dichtes quer über die Stadt geworfenes Netz von Messteilen und die Untersuchung von 6000 Wasserproben jährlich diene als Frühwarnsystem.

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