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Berlin: STAAKEN Verlegter Stadtrand Schlupfloch nach Osten OBERBAUMBRÜCKE

7 Ortsunkundige Autofahrer, die auf der Spandauer Heerstraße gen Westen rollen, muss die Fahrbahngestaltung irritieren. Urplötzlich, man weiß nicht wozu, taucht ein begrünter Mittelstreifen auf, flankiert von ebenso überflüssigen Parkplätzen, dazu ein bunt bemalter Flachbau, dessen ursprüngliche Funktion kaum mehr erahnbar ist, heute genutzt von Künstlern und Hobbyastronomen.

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Ortsunkundige Autofahrer, die auf der Spandauer Heerstraße gen Westen rollen, muss die Fahrbahngestaltung irritieren. Urplötzlich, man weiß nicht wozu, taucht ein begrünter Mittelstreifen auf, flankiert von ebenso überflüssigen Parkplätzen, dazu ein bunt bemalter Flachbau, dessen ursprüngliche Funktion kaum mehr erahnbar ist, heute genutzt von Künstlern und Hobbyastronomen. So verwaschen sind hier die Spuren der Vergangenheit: Der ratlose Automobilist hat soeben den ehemaligen Kontrollpunkt Staaken passiert. Hier floss bis zur Öffnung des Übergangs Stolpe am 1. Januar 1988 der Transitverkehr nach Hamburg, auf der Westseite kontrolliert durch Beamte von Polizei und Zoll, die in dem provisorisch wirkenden Flachbau saßen. Danach war es nur noch ein einfacher Übergang für die Einreise in die DDR. Den genauen Grenzverlauf zu bestimmen ist schon deswegen schwierig, weil WestStaaken nach der Wende wieder Berlin zugeschlagen wurde, der Stadtrand sich also knapp zwei Kilometer nach Westen verschob. Nur lange dort Ansässige wie der Arzt Ralph A. Müller wissen noch, dass die Grenze genau auf der Bergstraße verlief. Auch als die Mauer durch die Briten weggeräumt wurde, war er dabei. Zuallererst riss dabei das Kranseil. ac

Am Schlesischen Tor war Schluss, das wusste man überall auf der Welt, wo Volker Ludwigs Musical „Linie 1“ Zuschauer gefunden hatte. Nur bis kurz vor die Oberbaumbrücke schoben sich die U-Bahnen der BVG, dann mussten sie zurück. Weiter nach Osten ging es hier nur zu Fuß, durch ein enges Schlupfloch, das wenige Jahre nach dem Mauerbau für West-Berliner geöffnet worden war. Vorbei an den beiden Turmstümpfen, Zeugen des Bombenkrieges – ein trostloser Anblick, den regelmäßig auf der Spree patrouillierende DDR-Wachboote noch verstärkten. Das ideale Wetter für solch einen Ort? Novembernebel, Sinfonie in Grau. Immerhin linderte das wilde Kreuzberger Leben diese Tristesse, mit Multikulti-Lokalen im nahen Umkreis und einem Skulpturenboulevard, dessen östlichstes Werk noch immer direkt an der Spreeböschung steht.

Eine traurige Vergangenheit, dem Ort heute kaum mehr zuzutrauen, wenn man auf der zur Warschauer Straße verlängerten U-Bahntrasse über den Fluss gleitet. Rechts ragen die roten Brückentürme neu gemauert in den Himmel, jenseits der Spree die Zentralen von Universal und MTV. Einst Symbol der Teilung, ist die Brücke nun wichtigstes Bindeglied der zu einem Bezirk verknüpften Stadtteile Kreuzberg und Friedrichshain.

Den Ost-West-Konflikt gibt es aber noch immer, einmal im Jahr wird er in einer erbitterten Schlacht ausgetragen. Bei den Waffen ist keine Fraktion wählerisch: Wasserbomben, Schaumstoffknüppel, Gemüse. ac

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