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Der Angeklagte Denny H. im Gerichtssaal des Kriminalgerichts in Moabit.

© Rainer Jensen/dpa

Staatsanwaltschaft fordert fast vier Jahre für falschen Aida-Arzt: Mutmaßlichen Hochstapler Denny H. droht Gefängnis

Er fälschte Urkunden und praktizierte als Schiffsarzt. Am Montag fällt das Urteil zu Denny H.. Die Verteidiger sprechen von einem tragischen Fall.

Echte Mediziner haben ihn gewaltig gelobt. Denny H. habe „äußerst fundiertes Fachwissen“, sei engagiert, habe tadellos gearbeitet. Doch er ist ein Hochstapler und gehört nach dem Willen der Staatsanwaltschaft hinter Gitter. Drei Jahre und zehn Monate Haft beantragte die Anklägerin. Der 41-jährige Krankenpfleger, der zuletzt als Schiffsarzt auf einem Aida-Kreuzfahrtschiff praktizierte und an Bord 1376 Patienten behandelte, hörte den Antrag unter Tränen. Seine Verteidiger plädierten auf Bewährung. Das Urteil wird am Montag verkündet.

Es geht um Betrug, Titelmissbrauch, Urkundenfälschung, 63 Fälle gefährlicher Körperverletzung sowie um Freiheitsberaubung, weil er 41 Narkosen gab. Denny H. hat alles gestanden. Er habe helfen wollen. „Ich habe es nur für die Menschen gemacht“, sagte der Krankenpfleger aus Sachsen-Anhalt. „Die Tragik ist, dass er nun für die Medizin verloren ist“, sagte seine Anwältin. „Hätte er das Abi machen können, hätte er den Beruf ergriffen, der seine Berufung ist.“

Die Bewerbungen, die Denny H. ab 2010 mit gefälschter Approbationsurkunde schrieb, beschreiben eine Erfolgsgeschichte: Abitur mit 1,2 bestanden, das Studium an der Universität in Magdeburg mit „Gut“ beendet. Facharztausbildung im Anschluss als Anästhesist und Intensivmediziner – natürlich promoviert.

Nach zehn Jahren in seinem Beruf sei Denny H. „falsch abgebogen“

Er erschlich sich bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation eine Stelle als Koordinator und war bei Organentnahmen dabei. H. dozierte vor angehenden Krankenschwestern und Pflegern, er arbeitete in einer Charlottenburger Praxisklinik als Anästhesist. Schließlich heuerte er als Schiffsarzt an und praktizierte an Bord zehn Monate lang. Die meiste Zeit verbrachte er auf der „Aida Vita“ in der Karibik. Bis zu 1200 Passagiere passen auf das Schiff.

Für die Zeit vor seiner Hochstapelei erntete Denny H. durchaus Lob auch von der Staatsanwältin: „Er war ein sehr guter Krankenpfleger.“ Doch nach zehn Jahren in seinem Beruf sei der Angeklagte „falsch abgebogen“. Dabei habe er bei den Menschen in seiner Umgebung einen so guten Eindruck hinterlassen, dass keine Zweifel aufkamen. Nun müsse man ihm zugute halten, dass Patienten bei seinen Behandlungen „nichts passiert ist“.

Denny H. hatte erklärt, er habe schon als Kind davon geträumt, Mediziner zu werden. Als er begann, sich als Arzt auszugeben, sei es ihm nicht um Geld gegangen. Die Staatsanwältin folgt ihm in dem Punkt nicht. H. sei es auch um Ansehen gegangen. Und als Arzt nahm er rund 500 000 Euro ein.

Die Verteidiger sprechen von einem tragischen Fall. H. sei kein „gewöhnlicher Betrüger“. Er habe durch seine Eltern „nicht die Betreuung bekommen, die er gebraucht hätte“. Als Gymnasiast sei er gescheitert, weil er nebenbei arbeiten musste. Als Arzt habe er helfen wollen. Ein Zeuge habe sogar erklärt: „Er war der beste Arzt, den wir hatten.“ Der Schwindel sei ihm zudem nicht besonders schwer gemacht worden, da er Urkunden nicht im Original vorlegen musste. Dass ihm der medizinische Bereich beruflich nun versperrt sein wird, „ist für ihn die größte Strafe“.

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