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Berlin: Stabile Lage

Sport machen allein für Bizeps oder Taille? Bloß nicht, sagt Andrea Ott. Es geht um einen gesunden Körper

Sport verrät den Charakter. „Selten tickt jemand beim Training ganz anders als im sonstigen Leben“, sagt Andrea Ott. Sport ist immer auch Selbsterkenntnis, davon ist sie überzeugt. Oder umgekehrt: Man kann seine Verhaltensweisen auch ändern. Seit vier Jahren arbeitet die 39-Jährige als Personal Trainerin in Berlin. Sie coacht Privatleute und Gruppen nach ihrem speziellen Prinzip. Das lautet: Sport als Selbstzweck für einen schlanken Körper oder einen dicken Bizeps, das ist zu wenig. „Es geht“, sagt sie, „in erster Linie um einen gesunden Körper.“

Neben dem Studium hat sie als Aerobic-Trainerin gearbeitet, doch es zog sie bald weg von der Fitnessbranche. Sie suchte ein ganzheitliches Trainingskonzept – und entdeckte die „Spiraldynamik“, ein Bewegungsmuster wie die Form der Helix, des menschlichen Erbguts. „Salopp gesagt, in der Verschraubung liegt die Stabilität“, sagt Andrea und verdreht demonstrativ ihr Handtuch vor der Brust . Auf einer natürlichen Drehbewegung bauen alle ihre Übungen auf.

Ihr Faible für eine medizinisch-wissenschaftliche Basis kommt nicht von ungefähr. Eigentlich ist sie Kinderkrankenschwester. Doch nach sieben Jahren auf der Intensivstation kamen ihr Zweifel: Wann lohnt es sich, Leben künstlich zu erhalten? Wie weit darf Medizin gehen? „Es waren ethisch-moralische Gründe, weshalb ich mich entschieden habe, was ganz anderes zu machen“, sagt sie. Mit 25 Jahren hat sie noch mal die Schulbank gedrückt, das Abi gemacht und danach Sportwissenschaften studiert, Schwerpunkt Rehabilitation und Prävention.

Ein Leben ohne Sport? Unvorstellbar. Schon mit zehn Jahren hat Andrea gefochten, mit vierzehn Tennis gespielt. Sie hat Squash gelernt und Klettern. In ihrer Freizeit geht sie tanzen – Tango und Salsa. „Beim Sport lernt man viel über sich selbst. Und über andere“, sagt Andrea Ott. „Es gibt die Machtmenschen, die durchhalten um jeden Preis, oder die, die nach fünf Wiederholungen aufgeben, weil sie sich niemals quälen würden.“ Andrea durchbricht gern die Vorlieben ihrer Kunden, schickt die Energiebündel zum Yoga oder die Ängstlichen an die Kletterwand. Dort hat sie selbst am meisten über sich erfahren. „Klettern hat mir wirklich gezeigt, wie ich ticke. Ich bleibe lieber im Sicherheitsbereich, gehe erst noch mal einen Schritt zurück, bevor ich ein Problem wirklich angehe.“ Auch bei ihren großen Lebensentscheidungen sei das so gewesen. „Aus meinem Beruf als Kinderkrankenschwester auszusteigen, fühlte sich einfach an. Aber die Umsetzung hat gedauert.“ Letztlich ist sie aber immer weiter gegangen – am Berg und im Leben. Ihr nächstes Ziel: das Matterhorn oder der Mont Blanc.

Stephanie Puls

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