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Berlin: Stadtentwicklung: Kleingärtner zeigen Planern die Harke

Sie heißen "Abendruh", "Bergfrieden", "Frohsinn" oder "Einigkeit". In den traditionellen Berliner Kleingärten geht es jedoch nicht immer so friedlich zu, wie die Namen vermuten lassen.

Sie heißen "Abendruh", "Bergfrieden", "Frohsinn" oder "Einigkeit". In den traditionellen Berliner Kleingärten geht es jedoch nicht immer so friedlich zu, wie die Namen vermuten lassen. So hängen bei der Kolonie "Feuchter Winkel" in Weißensee in diesem Frühling nicht dicke Blütendolden an den Sträuchern, sondern auch Protestplakate an den Zäunen. "Schluss mit der Vernichtung der Kleingärten" und "Naturschutz ist soziales Gebot" kann man da lesen.

Der Protest richtet sich nach Angaben von Peter Bader, dem Vorsitzenden des Bezirksverbandes der Kleingärtner Weißensee e.V. gegen Pläne der Bahn-Tochter EIM. Sie hatte als Eigentümerin des Grundstücks im Sommer vergangenen Jahres die Pachtverträge gekündigt, um das Gelände verkaufen zu können. Die Pächter legten Widerspruch ein. "Die Bahn hat schlechte Karten und müsste klagen", sagt Peter Bader. "Wir lassen uns aber nicht einschüchtern."

Der "Feuchte Winkel" und die Deutsche Bahn AG sind nicht die einzigen Kontrahenten. So plant zum Beispiel die Laubenkolonie "Spreewiesen" am Fürstenbrunner Weg in Charlottenburg für den 5. Mai eine Demonstration gegen die Baumaßnahmen an der Schleuse Charlottenburg. Sie protestieren gegen die Zerstörung von 34 Parzellen, die der Begradigung und dem Ausbau der Spree für größere Schiffe weichen müssen.

Ein ewiger Konflikt

Die Auseinandersetzungen zwischen Kleingärtnern und bau- oder verkaufswilligen Eigentümern kennt man bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als "ewigen Konflikt". Die Stadtentwickler richten sich meist nach dem Grundsatz: Gemeinnutz geht vor Eigennutz. "Selbst, wer am Kurfürstendamm bauen will, stößt auf Kleingärtner. Das Problem werden wir nie zur Zufriedenheit aller lösen", sagt eine Sprecherin der Senatsverwaltung.

Rund 38 000 Kleingärten gibt es laut dem Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. in der Stadt. Da seit der Wende viele Straßen zwischen Ost- und Westteil reaktiviert wurden, mussten etwa 1000 Parzellen aufgegeben werden - also weit weniger, als die zahlreichen Proteste vermuten lassen.

Außerdem müssen die "Laubenpieper" nicht jedem beliebigen Bauvorhaben weichen. Der seit 1994 gültige Flächennutzungsplan schützt zumindest die Pächter landeseigener Flächen bis 2004. Im Herbst dieses Jahres wird die zuständige Abteilung für Stadt- und Freiraumplanung einen neuen Entwurf zum Thema Kleingärten in Berlin vorlegen. Er regelt, welche Gärten noch geräumt werden sollen. Die Stadt bietet von Räumung betroffenen Gartenfreunden außerdem in vielen Fällen Ausgleichflächen an.

Die Kleingartenkolonien, die elf Prozent der Grün- und Freiflächen Berlins ausmachen, sind für die Stadt auch billiger als Parkanlagen. Den ökologischen Zweck als Sauerstofflieferanten, Luftfilter und Erholungsgebiete erfüllen sie ebenso gut. Außerdem ist die Laube im Grünen bei den Berlinern nach wie vor gefragt. Rund 3500 Pacht- Bewerber stehen derzeit auf der Liste des Landesverbandes. Die Wartezeit liegt zwischen einem halben und vier Jahren.

Sie ist unter anderem gesunken, weil viele Berliner Kleingärtner seit der Wende auf Brandenburger Gebiet "übersiedeln". Den obersten "Laubenpieper" der Stadt kann jedoch Wedding für sich verbuchen.

Im September vergangenen Jahres besuchte Bundeskanzler Gerhard Schröder ein Gartenfest der Kolonie "Togo" und bekannte sich zur Schrebergarten-Bewegung: "Die sollten wir nicht aufgeben, auch wenn die Zeiten sich ändern".

Nicole Schäufler

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