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Zukunft ungewiss. Die zwei Grundstücke Friedrichstraße 205 (links) und 47: Beide Areale liegen brach. Sie sollen insgesamt 15 Millionen Euro wert sein.

© Paul Zinken

Stadtentwicklung: Sorgenkind Checkpoint Charlie

Das Grundstück am Checkpoint Charlie wird zwangsversteigert. Ob der neue Investor das geplante Museum zum Kalten Krieg bauen wird, ist ungewiss. Noch immer fehlt dem geschichtsträchtigen Ort eine angemessene Architektur.

An der einen Seite der Friedrichstraße steht ein schwarzer, gerade errichteter Pavillon auf einer Brache, die Türen verrammelt. Auf dem Grundstück gegenüber werden soeben Buden fertiggestellt zum Verkauf von Fastfood: Der Checkpoint Charlie, der berühmteste Erinnerungsort an den Kalten Krieg, bietet auch mehr als 22 Jahre nach dem Mauerfall noch keinen Anblick, der seiner Bedeutung entspricht. Das Land Berlin will zwar in diesem Sommer in einer „Black Box“, einem schwarzen Pavillon, die provisorische Ausstellung zur einstigen Ost-West-Konfrontation eröffnen. Und im Hinblick auf eine spätere Bebauung des Grundstücks ist mit den bisherigen potenziellen Investoren vereinbart, in einem neuen Gebäude ein Museum zum Kalten Krieg einzurichten. Doch dieser Plan ist jetzt möglicherweise gefährdet. Denn das Areal der Black Box und das gegenüberliegende Grundstück werden am 10. Mai zwangsversteigert.

Durch diese überraschende Entwicklung könnten die bisherigen Absprachen des Senats bald Makulatur sein. Verhandelt hat die Senatskulturverwaltung mit der irischen „Cannon Kirk-Investmentgroup.“ Diese übernahm Ende der 90er Jahre die beiden Grundstücke an der Friedrichstraße 205 und 47 von den vorherigen Eigentümern, der US-Immobiliengruppe CEDC. Allerdings sind die Besitzverhältnisse seither nicht endgültig geklärt, weshalb die zwei Areale noch unter Zwangsverwaltung stehen. Die Senatskulturverwaltung hatte sich aber mit der Cannon-Kirk-Gruppe darauf geeinigt, in einem an der Friedrichstraße 47 ab 2013 geplanten Neubau das „Museum des Kalten Krieges“ zu etablieren. Gegenüber, an der Nummer 205, wollten die Iren ab 2015 einen zweiten Neubau errichten mit Büros und Wohnungen. Bis zum Baubeginn hatten sie das Areal an eine Firma verpachtet, die an gerade fertiggestellten gläsernen Buden Döner, Würstchen und Souvenirs verkaufen will. „Freedom- Park“ nennt sie ihr Projekt, das Ostersonntag eröffnete.

Die Kulturverwaltung reagierte irritiert, als der Termin der Zwangsversteigerung beider Grundstücke im Amtsgericht Mitte am Freitag bekannt wurde, angemeldet vom Finanzamt Mitte. Daraus könne man nun nicht zwangsläufig schließen, dass sich Cannon Kirk aus finanziellen Gründen zurückziehen müsse und für das Land Berlin kein Ansprechpartner mehr sei, gibt sich der Sprecher der Kulturverwaltung, Thorsten Wöhlert, verhalten optimistisch. Auf dem Areal lasteten noch Schulden aus den Zeiten des früheren US-Investors. Eventuell gehörten die Iren zum Kreis der Gläubiger und würden nun bei der Versteigerung versuchen, die Gelände ganz an sich zu bringen. In Immobilienkreisen wird hingegen spekuliert, Cannon Kirk habe möglicherweise die Grunderwerbsteuer nicht bezahlt, weshalb das Finanzamt Mitte die Zwangsversteigerung betreibe.

Der Zwangsverwalter sowie die irische Gruppe waren am Freitag nicht erreichbar, die Finanzbehörde wollte sich „wegen der Geheimhaltungspflicht“ nicht äußern. Sollte es um Cannon Kirk schlecht stehen, so müsste sich die Kulturverwaltung demnächst mit dem neuen Käufer auseinandersetzen. Doch inwieweit kann das Land einen Investor überhaupt verpflichten, ein Museum in seine Neubauten aufzunehmen? Carsten Spallek (CDU), Baustadtrat von Mitte, sagt: „Der Bezirk hat keine Chancen. Wir sind zwar baurechtlich zuständig, können aber nur die Bebauungshöhe und -dichte bestimmen.“ Die Kulturverwaltung setzt dagegen auf einen Passus im Kaufvertrag, den die US-Gruppe CEDC 1992 unterzeichnete, als sie die Areale vom Land Berlin übernahm. Darin verpflichtete sie sich zur Einrichtung von Museumsräumen. Das sei „wohl bis heute gültig – trotz der inzwischen verworrenen Besitzverhältnisse, meint Sprecher Torsten Wöhlert. Im Übrigen sei ein Museum ja ein sicherer Mieter. „Es wird uns nicht allzu schwerfallen, auch neue Bauherren zu überzeugen.“

Der Checkpoint Charlie zählte Anfang der 90er Jahre zu den größten Bauprojekten Berlins. US-Investor und Kosmetik- Erbe Ronald Lauder wollte gemeinsam mit dem früheren US-Botschafter Mark Palmer und dem Immobilienunternehmer Abraham Rosenthal ein „American Business Center“ auf fünf freien Grundstücken errichten, darunter die Friedrichstraße 47 und 205. Von den fünf geplanten Gebäuden entstanden dann nur drei – darunter das siebengeschossige Haus des Architektur-Altmeisters Philip Johnson. Später machten die Banken Druck, Leistungen von Handwerkern konnten nicht nicht bezahlt werden. Im Juli 1998 kam es zu einem Vergleich mit dem Verzicht auf Forderungen in Höhe von rund elf Millionen Euro.

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