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Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.

© ddp

Stadtgespräche: Qualität im Dialog

Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher eröffnete in der Urania die Reihe der "Stadtgespräche" und gab ein Credo ihrer Arbeit ab. Zwei Lieblingsgebiete hat die Baudirektorin, das wurde deutlich.

Angespannte Stille herrschte am Montag in der Urania, als Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit einer 40-minütigen Powerpoint-Presentation die Reihe der "Stadtgespräche" eröffnete. Gut 350 Zuhörer drängten sich im überfüllten Kleist-Saal, um die "Berliner Stadtentwicklung von der Fischerinsel bis zur Europacity" mitverfolgen zu können. Es war keine ganz leichte Kost, die die gebürtige Zürcherin da bot. Diagramme, Ablaufpläne, Stichworte in wohlgeordneter Folge: Die Praxis der Stadtplanung ist zuallererst eine Frage der "guten Vorbereitung", wie Frau Lüscher immer wieder betonte.

Erste Neuigkeit: Das "Planwerk Innenstadt" ihres Vorgängers Hans Stimmann heißt jetzt "Planwerk Innere Stadt", "weil strategische Räume nicht mehr allein in der Innenstadt" einbezogen sind. Zweite Neuigkeit: Das Leitbild der "Kritischen Reaktion", 15 Jahre lang maßgeblich, wird zurückgestuft auf eine unter mehreren Möglichkeiten.

Sodann ging's zu einigen Teilgebieten, getreu Lüschers Mahnung, "die Stadt als Haus mit vielen Zimmern zu verstehen". Dabei verschränkte die Senatsbaudirektorin ihre zuvor aufgezählten sechs Grundsätze der Stadtentwicklung mit acht ausgewählten Gebieten, wobei die Auswahl wohl für den Grundsatz "Haltung zur Stadt entwickeln" stehen.

Die "Arbeit mit Geschichte" steht im Vordergrund beim Humboldt-Forum als dem "Prestigeprojekt der Republik", zu dem sich Frau Lüscher unzweideutig bekannte. Die Museumsinsel ist die "Schatzkammer Berlins", wer hätte das bezweifelt, da gibt es auch nahezu nichts mehr zu planen. Der Gendarmenmarkt hingegen, der "Ort urbaner Eleganz", könne "eine gewisse Auffrischung gebrauchen", womit sie die geplante Baumfäll-Neupflasterungs-Aktion dezent umschrieb. "Für einige" sei das "schwer verständlich", merkte Lüscher an, ohne auch nur eine Nuance von ihrem freundlichen Tonfall abzugehen, aber auch das Auditorium hielt mucksmäuschenstill.

Molken- und Spittelmarkt sind "Orte der Heimat", aber bis dahin ist es ausweislich der aus dem Stimmann-Planwerk bekannten Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses noch ein sehr weiter Weg. Das Rathausforum wird als "Ort der Stadtgesellschaft" definiert; was auch sonst. Zwei Lieblingsgebiete hat die Baudirektorin, das wurde deutlich: Europacity, also das Gebiet vom Hauptbahnhof bis zum Nordhafen, mit der Heidestraße als künftigem "Boulevard". Und abschließend das Freifeld des Flughafens Tempelhof.

Bei der Europacity geht es um immerhin 600.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, mit deutlich mehr Büros als Wohnungen und, wenn man genau auf das Schaubild sah, einem Minimalanteil an Kultur, die doch einmal von Klaus Wowereit als ein Hauptnutzer angedeutet worden war. Dann kam noch die Schlosswiese an die Reihe, die den Grundsatz "Zwischennutzung als Prinzip" perfekt illustriert. Zwischennutzung auch beim Dauerthema Kulturforum. Und dazu die dritte Neuigkeit: Der bestehende Masterplan der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist finanziell nicht umsetzbar, stattdessen überlegt Frau Lüscher ein neues Provisorium in Gestalt eines Besucherzentrums auf neugestalteter, durchgehend grüner Fläche. Kleine Einschränkung: "Wir suchen im Moment gerade Geld."

Dann also Tempelhof. Nichts Geringeres als ein "internationales Vorbild für einen Park des 21. Jahrhunderts" schwebt ihr da vor, mit allerdings nicht mehr als 25 Euro pro Quadratmeter Jahreskosten: "Das ist nicht viel. Überlegen Sie mal, wie viel Sie für Ihre Balkonpflanzen ausgeben!"

Dieser Hinweis ans Publikum zeigte doch, wie tief sich Regula Lüscher in Berlin bereits eingewurzelt hat, und auch wusste sie, dass es "so etwas wie eine Sehnsucht gibt nach dem Ländlichen, die alle Städter haben". Auf die an ihren Vortrag anschließende Frage, was sie denn aus Zürich nach Berlin übernommen wissen wolle, gab sie nochmals ein Credo ihrer Arbeit ab: "Dass man einander zuhört. Um das Kleine, das einen verbindet, zu finden." Dialog, Dialog und nochmals Dialog: Dafür steht die Senatsbaudirektorin, und so blieben kritische Fragen aus dem hörbar zufriedenen Publikum denn auch aus. Bis auf eine: die nach der Qualität der Architektur. "Investoren zu Qualität motivieren, anders geht es nicht." Man müsste hier anhängen, was Regula Lüscher zwischendurch einmal seufzte: "Das ist anstrengend, das ist mühsam." Der gestrige Abend war es für sie nicht.

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