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Lange Nacht

© dpa

23. Lange Nacht der Museen: Gänsehautgefühl unter freiem Himmel

Zur Langen Nacht werden Programmteile nach draußen verlagert. Die Freiluftkunst steht im Mittelpunkt. Mit klassischer Musik wird der Kulturabend abgerundet.

Am Für und Wider Langer Museumsnächte scheiden sich die Berliner Geister. Was für die einen der Inbegriff des konsumgesteuerten Massenauftriebs ist, bedeutet anderen geballter Kulturgenuss in stimmungsvoller Atmosphäre. Immerhin, die Besucherzahlenzahlen rechtfertigen das Spektakel: Nach Auskunft der Kulturprojekte Berlin GmbH, die den Event zweimal im Jahr gemeinsam mit den Berliner Museen ausrichtet, werden im Sommer zwischen 35.000 und 40.000 Tickets verkauft.

In der morgigen Nacht zum Sonntag können sich Neulinge und eingefleischte Wiederholungstäter von 18 bis 2 Uhr auf eine Reise durch Epochen und Stile städtischer Architektur und Gartenbaukunst begeben. Die 23. Lange Nacht der Museen steht ganz im Zeichen preußischer Pracht und kunstvoll gestalteten Grünflachen: "Schlösser, Parks und Gärten“, so lautet das Motto. Das Thema ist allerdings keine Erfindung der Veranstalter. Während sich die winterliche Museumsnacht am jeweiligen Wissenschaftsjahr orientiert, gibt im Sommer die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) die Richtung vor. Ob und wie Museen, Sammlungen, Archive und Ausstellungsräume das Motto zur Langen Nacht umsetzen, ist den Häusern selbst überlassen.

Lustwandeln im Schlossgarten

Die drei Schlösser Charlottenburg, Britz und Köpenick haben es dieses Mal leicht. Sie öffnen schlicht am Abend ihre Pforten zu Häusern und Gärten und setzen sich so selbst in Szene. Dass die "Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“ von ihren fünf Schlossanlagen nur die Charlottenburger Hohenzollernresidenz präsentiert, mag verwundern, hat aber einfache Gründe: "An den Schlössern Grunewald und Hohenschönhausen wird noch gebaut, Pfaueninsel und Glienicke wiederum sind sehr abgelegen und nur schwer in die Shuttleroute einzubeziehen“, sagt Wilma Otto, Mitarbeiterin des Marketings der Stiftung.

In das Schloss Charlottenburg sollen in dieser Langen Nacht vor allem die Hauptstädter gelockt werden: "An normalen Tagen haben wir vor allem Touristen als Besucher. Während der Langen Nacht der Museen wollen wir das Haus auch stärker ins Bewusstsein der Berliner zu rücken. Gleichzeitig wollen wir zeigen, dass der Schlossgarten mehr ist als Volkspark und Liegewiese“, so Otto. Deshalb wird nach dem Rundgang durch die Gemächer der einstigen Bewohner zum "Lustwandeln“ im Schlossgarten geladen. Passend dazu rückt das Theater Anu die Anlage mit Fackeln, Leuchten und gespielten Szenen ins rechte Licht.

Ein marokkanischer Marktplatz mitten in Berlin

Um zu verstehen, wie das Konzept des Hauses der Kulturen der Welt zum Oberthema passt, muss man dagegen einmal um die Ecke denken. Mit dem Wortspiel vom "Palast der Moderne“, das auf die Bedeutung der ehemaligen Kongresshalle für die moderne Architektur anspielt, schlägt Projektkoordinatorin Alexandra Engel den gedanklichen Bogen zu den Schlössern. Wie janusköpfig die Architekturmoderne jedoch daherkam, ist Thema der aktuellen Ausstellung "In der Wüste der Moderne“.

Hier kann man sich im Zeitraffer erklären lassen, inwiefern die französischen Kolonien Nordafrikas architektonisches "Testgelände europäischer Modernisierungsfantasien“ waren, wie Ausstellungsmacherin von Osten sagt. Mit dem anschließenden Rundgang durch die "Schwangere Auster“ ist das Programm der halbstündigen Führungen mehr als dicht. Dazu gibt es Stummfilme und Live-Musik. Ganz modern werden aber auch Jahrhunderte alte Traditionen aufgegriffen: Eine Videoinstallation zur Kunst des öffentlichen Geschichtenerzählens verwandelt das Foyer in einen marokkanischen Marktplatz.

Gänsehautgefühl nach Sonnenuntergang

Im Botanischen Garten geht es ausgelassen und sinnlich zu. Hier wird bei Cappuccino, Wein, Antipasti und festlicher Beleuchtung eine "Italienische Gartennacht“ gefeiert. Zum Rahmenprogramm gehören hier nicht nur Führung durch Garten und Mittelmeerhaus, sondern auch Clownerie im Stile der Commedia dell´Arte, eine Modenschau, Lesungen und italienische Canzonette und Sonaten des 17. Jahrhunderts. Wer dann noch nicht genug "dolce vita“ zelebriert hat, kann bis zwei Uhr morgens noch die Tarantella tanzen.

Auch andere Museen haben Programmteile in ihre Parks und Gärten ausgelagert. So kann man sich etwa die zeitgenössische Interpretation des barocken Gartens am Jüdischen Museum erklären lassen. Nach Sonnenuntergang verspricht die Einweihung des restaurierten Rundbrunnens mit Chorgesängen von Brahms Gänsehautgefühl. Bleibt bei so viel musealer Freiluftkunst zu hoffen, dass das Wetter hält, was die Vorhersage verspricht: eine milde und trockene Nacht.

Weitere Informationen unter: www.lange-nacht-der-museen.de

Selina Byfield

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