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Stadtleben: Abstimmung mit Füßen

Berliner Schüler zeigen wenig Sympathie mit den BVG-Streikenden

„Der BVG-Streik nervt!“ Mit seiner Meinung steht der 9.-Klässler aus der Heinrich-Heine-Oberschule in Neukölln nicht alleine da. Seinen Namen will er nicht verraten. „Ich kann die Streikenden ja verstehen, die haben schon das Recht dazu. Aber meine Eltern, die müssen so früh aufstehen. Und ich auch.“ Dieses Problem haben die meisten Schüler hier, selbst wenn sie nicht am anderen Ende der Stadt wohnen. Seher zum Beispiel. Das Mädchen wohnt in Kreuzberg und fährt normalerweise mit dem Bus zur Schule. Jetzt geht sie zu Fuß – 30 Minuten dauert das. Schulleiterin Cordula Hickmann hält die längeren Schulwege für durchaus zumutbar. „Bewegung ist ja gesund. So lange der Weg nicht länger als eine Stunde dauert, schaffen das die jungen Leute schon“, meint sie. Die Jugendlichen sehen das nicht ganz so. Canso müsste eigentlich zwölf Stationen mit dem Bus fahren. Zu Fuß dauert ihr das zu lange – wann immer es geht, wird sie mit dem Auto gefahren.

Für die meisten Schüler an weiterführenden Schulen ist aber gar nicht der Schulweg das größte Problem. Vor allem stört sie, dass sie zu Hause festsitzen. Kein Kino, kein Weggehen. In dieser Woche stehen die Präsentationsprüfungen für die Mittlere Reife an. „Da wollte ich eigentlich richtig Party machen. Das fällt jetzt alles flach!“ ärgert sich Murat Bayram, der die 10. KLasse der Sophie-Scholl-Oberschule in Schöneberg besucht. „Ich bin richtig sauer auf die BVG. Am schlimmsten ist, dass ich meine Freundin nicht im Krankenhaus besuchen kann. Sie liegt auf der Intensivstation, wo sie nicht mal telefonieren kann.“ Taxifahren kommt für den 17-Jährigen nicht in Frage. Ein anderer Junge muss trotz Bänderriss eine halbe Stunde zu Fuß laufen – „nicht gerade angenehm“, sagt er lässig. Dass es für die Schülermonatskarten keinen Schadensersatz gibt, finden auch seine Klassenkameraden schlichtweg „inakzeptabel“. „Schwachsinn“ sei der Ersatzverkehr, auf den man sich nicht verlassen könne. Und für eine „Frechheit“ halten sie die Streikverlängerung in den Osterferien.

Um ihr Ferienprogramm macht sich auch Katharina Hallanzy aus der 12. Klasse Sorgen. Für einen Reitkurs muss sie, sofern die BVG nicht fährt, täglich eine Stunde pro Tag mit dem Fahrrad fahren, für die einfache Strecke. Einen Trost gibt es immerhin: Für sie beginnen die Ferien wegen der Abschlussprüfungen schon heute.

Schulleiter Klaus Brunswicker hat sich von den Prüflingen schon im Vorfeld versichern lassen, dass sie zu ihren Terminen erscheinen werden. „Viele, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, werden wegen der Prüfungen notfalls bei Freunden übernachten, die nahe zur Schule wohnen“, teilte er mit. Die allermeisten Schüler seien dagegen gewesen, die Prüfungen zu verschieben. brr

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