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Auftritt der Woche: Be Bernd

Würden doch alle Musiker live so viel Spaß machen wie Herr Begemann aus Hamburg. Am Mittwoch singt er im Frannz-Club.

Wer es noch nicht mitbekommen hat: An der Spitze der deutschen Charts steht weiterhin ein computeranimierter kleiner Hase. Der singt mit Heliumstimme: „Weil ich dich so gerne kuschel, bist du mein süßer Schnuffel.“ So einen Erfolg wird Bernd Begemann niemals haben. Er wird auch nie das Olympiastadion füllen, wie Mario Barth. Und das ist ungerecht.

Manche nennen ihn einen „elektrischen Liedermacher“, er selbst zieht die schlichte Bezeichnung „Pop-Künstler“ vor. Seit 20 Jahren steht der Hamburger Bernd Begemann auf Konzertbühnen, oft alleine mit Gitarre und Rhythmusmaschine, derzeit in Begleitung seiner Band Die Befreiung. Am morgigen Mittwoch ist Begemann in Berlin, diesmal wird er den Frannz-Club der Kulturbrauerei füllen. Seine Fans sagen, Konzerte im kleinen Rahmen seien sowieso viel schöner, direkter, intimer als große Hallenshows.

Die schrägen Auftritte von Bernd Begemann unterscheiden sich von herkömmlichen Popkonzerten in mehrfacher Hinsicht. Erstens: Der 45-Jährige steigt grundsätzlich nur schick angezogen auf die Bühne, meistens mit Krawatte. Zweitens: Er unterbricht seine Titel ständig, um loszuwerden, was ihm gerade im Kopf rumspukt. Zum Beispiel, was er am Vormittag auf der Raststätte erlebt hat oder wie er den neuen Kinofilm mit DiCaprio findet. Oder warum ihm die Arztserie „Grey’s Anatomy“ Angst macht. Drittens: Seine Konzerte können leicht drei Stunden dauern – Erzählpausen eingerechnet. Und viertens: Das Publikum darf sich Songs wünschen. Weil diese oft sperrige Namen tragen, zum Beispiel „Du wirst Dich schämen für Deinen Ziegenbart“ oder „Was macht Miss Juni im Dezember?“, entsteht im Publikum regelmäßig ein akustisches Durcheinander.

Mehr als 250 Lieder umfasst inzwischen sein Repertoire. 20 davon hat er ausgewählt und soeben auf einem Quasi- Best-of-Album veröffentlicht. „Glanz“ heißt es, Begemann hat alle Titel mit Band neu eingespielt. Das musste sein, sagt er. Denn viele der alten Stücke stammen aus seiner Zeit als Solokünstler, seien also schlicht gehalten und erinnerten ihn an „Bleistiftskizzen“. In der neuen Version seien sie nun wie „voll aufgeblasene Ölgemälde“. Vielleicht kann Begemann so seine Fangemeinde entscheidend erweitern. „Glanz“ sei der Tonträger, der „die Unwilligen bekehren“ wird, sagt er selbst. Man wünscht es ihm.

Begemanns alte Weggefährten haben mehr Platten verkauft. Der Tierarzt-Sohn kommt aus Bad Salzuflen, der „Kleinstadt mit Großstadtanspruch“ in Ostwestfalen, wie Begemann sagt. Er ist dort zusammen mit Jochen Distelmeyer und Frank Spilker aufgewachsen und dann wie die beiden anderen nach Hamburg gezogen. Angeblich, weil man dort auch nachts was zu essen bekommt. Distelmeyer und Spilker wurden mit ihren Bands Blumfeld und Die Sterne erfolgreich, Bernd Begemann blieb Kritikerliebling. Heute spielt er rund 100 Konzerte im Jahr. Weil man als Musiker nicht zu viel übers Musikmachen philosophieren, sondern es einfach tun sollte. Und er sagt, er würde jeden, der ihn „erfolglos“ nennt, sofort einen Lügner schimpfen. Schon aus Prinzip, selbst wenn am Ende doch etwas dran sei.

Einmal hat er sein Glück beim Fernsehen versucht, hatte im Dritten eine Talkshow, zu der er Gäste nicht ins Studio, sondern nach Hause in seine Junggesellenwohnung lud. „Bernd im Bademantel“ hieß die Reihe. Der NDR setzte sie nach der dritten Folge ab. „Das Konzept war gut“, sagt Begemann, „nur haben das wohl zu wenige Zuschauer so gesehen wie ich“.

Ob es etwas gibt, was er rückblickend anders machen würde? Natürlich, sagt er. Einmal ließ er abends eine Tasche mit 10 000 Mark auf seinem Autodach liegen, die waren anschließend futsch. Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er das Geld auf jeden Fall ins Auto packen.

Karten gibt’s für 14 Euro unter

www.berlin-ticket.de

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