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© Michael Wilfling

Auftritt der Woche: US5 singen in der Columbiahalle

Sie haben geweint, gezittert und doch alle Krisen überstanden: Nach dem Ausstieg eines Mitglieds ist die Boyband US5 wieder vollzählig und erfreut ihre Fans mit einer Tour.

Spitznamen kann man sich meistens nicht aussuchen. Da hatte die Plattenfirma der Band extra betont, dass Vincent Tomas, der Neue bei US5, wahlweise auf „Vinnie“ oder „Vince“ höre. Und was machen die deutschen Fans? Nennen ihn „Wuschel“, wegen seiner dichten Locken. Das fängt ja gut an.

Am Sonnabend treten US5 in der Columbiahalle auf, es ist die erste Tour in neuer Besetzung. Anfang Oktober war Bandmitglied Mikel ausgestiegen, um eine Solokarriere zu starten. Mit Vincent Tomas, einem 15-jährigen Kalifornier, haben sie Ersatz gefunden. Wie es sich für eine Castingband gehört, musste der sich erst in einem Wettsingen gegen 2000 andere Kandidaten durchsetzen. Dann zog er nach Berlin, dem Lebensmittelpunkt der Band, und lernte gleich alle Songs und Tanzschritte auswendig .

Wie gut sich Vincent Tomas vorbereitet hat, durfte er schon am Freitag in Graz bei der Show „The Dome“ zeigen: Da sang er ein ganzes Lied allein, traf jeden Ton, 8000 Fans flippten aus. Um ein Haar wären US5 dort nur zu viert auf die Bühne gestiegen: Jay Khan, mit 25 Jahren der älteste der Band und heimlicher Chef, hatte Christoph kurz vorher eine Tür ins Gesicht geschlagen. Unabsichtlich - Jay gilt vor Shows generell als etwas übermütig. Zum Glück konnte die Wunde mit Eis gekühlt werden.

US5 sind mehrheitlich eine amerikanische Gruppe. Aber weil Boybands traditionell in Deutschland viele Platten verkaufen, kamen die Manager auf die Idee, auch zwei Deutsche in die Gruppe aufzunehmen: Christoph Watrin aus Köln („Musik kann Berge versetzen und Kraft geben“) und den jetzt ausgestiegenen Mikel Johnson aus Mainz. Mit diesem Konzept haben es US5 in Deutschland bisher zu sieben Top-Ten-Hits und zehn Goldenen Schallplatten gebracht. Erfolgreicher ist die Band nur in Polen.

Trotzdem war 2007 ein Krisenjahr für US5: Gerade erst hatte sich der 18-jährige Fanliebling Richie von den Erpresserbriefen erholt, in denen ihm mit angeblichen Sexfotos gedroht worden war, da stellten ihn seine streng katholischen Eltern im heimischen Illinois unter mehrwöchigen Hausarrest – Richie solle Kontakt zu einem sechs Jahre älteren Nacktmodell gehabt haben, hieß es. Im Frühjahr wurde Band-Erfinder und Strippenzieher Lou Pearlman in den USA per Steckbrief gesucht und wenig später auf Bali gefasst, er soll in einen Betrugsskandal verwickelt sein. Und dann trennte sich Bandmitglied Izzy auch noch von seinen Dreadlocks, obwohl er vorher angekündigt hatte, genau dies niemals zu tun, weil er sich mit seinen Haaren „spirituell verbunden“ fühle. Das vielleicht schlimmste Ereignis des Jahres war aber, dass ein Jugendmagazin den Boyband- Test machte und zum Ergebnis kam, Tokio Hotel seien insgesamt besser als US5.

Sie haben alle Krisen überstanden. Dabei hilft ihnen offensichtlich auch, dass sie keine Scheu haben, Gefühle zuzulassen: Als Mikel seinen Kollegen von den Ausstiegsplänen erzählte, haben sie ihn sofort in den Arm genommen. „Es war krass, ich habe gezittert und geweint. Wir alle haben geweint“, erinnert sich Mikel. Und die Fans schrieben im Internet Sätze wie diesen: „Wir müssen jetzt alle zusammenhalten und US5 eine Stütze sein.“ Und dass die Band selbst ohne den Aussteiger viel, viel besser sei als Tokio Hotel. Sebastian Leber

Karten im Internet unter

www.berlin-ticket.de

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