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Die Welt im Kleinen. Zwei Jahre dauerten die Arbeiten an der Mini-Version des Reichstags, eines von rund 65 Schaustücken im Modellpark Berlin-Brandenburg. Foto: pa/dpa

© picture-alliance/ dpa

Ausflugstipps: Liebling, ich habe Berlin geschrumpft

Das verlängerte Wochenende nutzen viele Familien für Ausflüge Besonders begehrt sind Orte, wo gleich mehrfach Unterhaltung geboten wird – wie in der Wuhlheide.

Geisterbahnen sind nicht jedermanns Sache. Man weiß ja, es ist nur Spiel, dennoch: Manch einer traut sich nicht rein oder möchte lieber erst einen Blick aus der Ferne riskieren, bevor er sich persönlich hineinwagt. In der Wuhlheide hat er dazu die Möglichkeit: Eine Geisterbahn im Maßstab 1 : 25, obendrauf eine Plexiglasplatte zum unbehinderten Einblick – Horror im Spielzeugformat. Der transparente Rundkurs durch die Welt der Gespenster ist Teil des Modells „Deutsch-Französisches Volksfest“, eines von rund 65 Liliput-Ausgaben meist berühmter, auf alle Fälle dekorativer und historischer Bauten, auf dem Areal des früheren Ernst-Thälmann-Stadions zusammengefasst im Modellpark Berlin-Brandenburg – und an diesem Freitag ein Ausflugstipp nicht nur für verkaterte Vatertagsabsolventen. Aber gerade für diese ist er angesichts vielleicht überhöhter Restalkoholmengen empfehlenswert, um durch Berlin und Umgebung zu kurven, ohne den Führerschein zu riskieren.

Solche Tipps sind heute hoch gefragt, sollten es jedenfalls sein, wenn man die lieben Kleinen am schulfreien Tag und dem dadurch verlängerten Wochenende nicht nur mit Fernseher oder Computer ruhigstellen will. Ein Besuch im Modellpark dagegen vermittelt bauhistorische Kenntnisse aus der Riesenperspektive, und weitere familienfreundliche Angebote gibt es gleich in der Nähe. Die Idee zu dem Park entstand vor etwa zehn Jahren im Arbeitsamt Mitte. Dort hatte man vom Modellpark Madurodamm in Den Haag erfahren, in den Niederlanden eine Attraktion. Für Berlin wäre das doch auch was, dachte man sich, und spekulierte darauf, dass daraus ein Arbeitsfeld für die Klientel der Langzeitarbeitslosen entstehen könnte. Ein erfolgreicher Plan: Der freie Träger BUS (Bildung, Umschulung, Soziales) betreibt mittlerweile fünf Werkstätten in verschiedenen Bezirken der Stadt, in denen vor allem Ein-Euro-Jobber, zwischen 15 und 20 pro Werkstatt, unter Anleitung die Modelle nach Bauplänen, Zeichnungen oder auch nur Fotos zusammenbauen.

130 Schulklassen zählte man im Vorjahr, und pro Saison im Schnitt 30 000 Besucher. Manch einer soll dann sogar beschlossen haben, sich endlich auch mal die Originale zu den Bauten anzusehen. Größtes Werk ist der Reichstag, wie alle anderen im Maßstab 1 : 25, zwei Jahre lang wurde daran gebaut. Derzeit entsteht die Potsdamer Alexandrowka, und am 20. Juni wird die Spandauer Zitadelle vorgestellt. Die Umrisse der Bastionen sind ausgehoben, einige Innengebäude stehen schon, und selbst die U-Bahnstation hat man nicht vergessen.

Die Wuhlheide beweist ihre Familientauglichkeit an diesem Wochenende gleich mehrfach: Gewiss, es gibt die Parkeisenbahn und den Kletterwald, aber die sind ständig da – wie das FEZ, das am Sonnabend und Sonntag aber mit einem besonderen Programm aufwartet, sozusagen die Aktiv-Ergänzung zu der mehr passiven Betrachtung alter Gemäuer im Modellpark: „Spiele wie Anno Dunnemals“. Damals war eine Handvoll Murmeln noch ein Schatz, und seine Geschicklichkeit bewies man nicht durch Herumgetippe auf einer Tastatur, sondern beispielsweise durch Balancieren eines Löffels auf der Nase. Auch Abzählreime („Eine kleine Mickymaus zog sich mal die Hose aus...“) boten einst den heutigen Grauköpfen viel Spaß, von Reifentreiben und Stelzenlauf ganz zu schweigen – Vergnügungen der Vergangenheit, oft halb vergessen, nun wieder in Erinnerung gerufen, um sie im FEZ sofort auszuprobieren. Generationenübergreifend sollen diese beiden Tage sein, eine gemeinsame Zeitreise der Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln schwebt den Veranstaltern vor, samt einem Ideentreff der Besucher zur Vorstellung ihrer alten Lieblingsspiele.

Möglich, dass diese historischen Vergnügungen im FEZ nicht immer friedlich verlaufen, gerade unter Geschwistern gibt es ja öfter mal Zoff. „Große Schwester, kleiner Bruder...“ – oft ein leidvolles Dauerthema, auch in umgekehrter Konstellation. Doch auch dafür hält das FEZ Rat bereit, lädt am Sonnabend parallel zum historischen Spiel zur Elternakademie mit dem Pädagogikexperten Thomas Hax-Schoppenhorst, dem Erziehungsberater Christian Schoenfelder und der Improvisationstheatergruppe „Die Gorillas“, die typische Szenen aus dem Familienleben gleich bildhaft vor Augen führt. Es gibt sogar Kinderbetreuung für die geliebten Quälgeister, Gott sei Dank.

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