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Ausstellung "Hitler und die Deutschen": Faszination und ein wenig Kritik

Die viel beachtete Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ öffnete am Freitag im Deutschen Historischen Museum ihre Türen. Viele Besucher sind fasziniert, manche kritisch. Auch Historiker äußern nun Einwände.

Der befürchtete Skandal blieb aus, der große Ansturm auch. Die Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ befasst sich völlig unaufgeregt mit dem Mythos eines Mannes, der die halbe Welt ins Verderben stürzte. Platz für Glorifizierung lässt die Ausstellung nicht. Und man kann es ihr zugutehalten oder vorwerfen – aber die Schau ist so nüchtern, dass vom Faszinosum Hitler nichts übrig bleibt. Am Freitag wurde sie im Deutschen Historischen Museum eröffnet.

Pflichtbewusst interessiert schlendern die meist älteren Besucher durch die Räume. Empfangen werden sie im ersten Teil von Symbolen der einstigen Macht des Diktators, von Büsten und Uniformen, gefolgt von Berichten über die Schrecken des NS-Regimes. Schließlich erfährt man mehr über die Rolle der Alliierten und den Niedergang Hitlers, der nicht mit dessen Tod endet, sondern erst im letzten Part der Schau in der Verballhornung des „Führers“ durch Satire seine Vollendung erfährt. Viel Neues bietet die Ausstellung jedoch nicht. Auf originale Hitler-Reliquien wurde verzichtet, um nicht etwa Neonazis in die Ausstellung zu locken.

Historiker kritisierten die Schau dennoch. Die Ausstellung bilde die Verehrung für Hitler ziemlich vollständig ab, zeige jedoch nicht, was die Deutschen so an Hitler begeistert habe, und warum 14 Millionen Menschen ihn gewählt hätten, sagte der deutsch-israelische Historiker Ralf Seligmann dem 3sat-Magazin „Kulturzeit“. Der Historiker Wolfgang Wippermann von der Freien Universität Berlin sagte im Deutschlandradio Kultur, die Ausstellung zeige in ihrer Konzeption eine Angst vor Hitler, die er nicht verstehe.

Auch einige Besucher bezeichnen die Ausstellung als einseitig. Einer der ersten Einträge im Gästebuch bemängelt etwa die fehlende Darstellung des deutschen Widerstands. Zwar würden die Attentatsversuche auf Hitler thematisiert, Gruppen wie „Die weiße Rose“ aber ausgespart. Die meisten Museumsgänger sind aber zufrieden: „Die Ausstellung ist vor allem für junge Menschen hochinteressant“, sagt ein Lehrer für Geschichte, der gerade zu Besuch in Berlin ist. Außerdem müsse man 65 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg „das Selbstbewusstsein haben, mit diesem Thema umzugehen.“ Lena Chikhi, eine der wenigen jungen Besucher, ist mit ihrer Mutter erschienen. „Ich wollte erfahren, warum Hitler so faszinierend war. Das Ausmaß der Propaganda ist mir in der Ausstellung klar geworden“, sagt sie. „Es hätte aber noch mehr auf die Person Hitler eingegangen werden können“, fand sie. Auch Ernst Fehdersen ist mit seiner Tochter gekommen, findet die Ausstellung aber „nicht sehr tiefgründig“. Einig sind sich jedoch alle Besucher, dass in dieser Schau nichts verharmlost oder gar glorifiziert wird. Beeindruckend seien die Originalfotos dennoch.

Museumssprecher Rudolf Trabold zog am Freitag ebenfalls eine positive Bilanz. 2000 Besucher hatte die Ausstellung ihm zufolge allein in den ersten vier Stunden. „Der Großteil lässt sich auf die Kontextualisierung ein“, sagt Trabold. Denn die Schau beschäftige sich ja nicht nur mit dem Diktator, sondern auch mit dessen Beziehung zu den Deutschen.
Und die ist auch 65 Jahre nach dem Krieg nicht aufgearbeitet. 45 „Spiegel“-Titelseiten mit dem Konterfei Adolf Hitlers beweisen am Ende der Ausstellung, dass die Faszination am „Führer“ ungebrochen, dass der Wissensdurst noch längst nicht gestillt, und der Name Hitler noch immer ein Publikumsgarant ist. In Deutschland ist es die erste Ausstellung überhaupt, die sich mit dem Faszinosum Hitler beschäftigt. Insgesamt sind es 600 Exponate, 400 Fotos und Plakate sowie Filme, die die Wirkung des Massenmörders auf die Bevölkerung in der Nazizeit erklären sollen. Die Schau ist noch bis zum 6. Februar 2011 zu sehen. (mit dapd)

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