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© m+m-Verlag, aus dem Buch zur Ausstellung

Ausstellung: Schöne Grüße aus Berlin mit Zebras und Rennautos

Das Museum für Kommunikation zeigt und erklärt in einer neuen Ausstellung 552 Postkarten aus der Reichshauptstadt – von 1900 bis in die 30er Jahre. Die Berliner Ansichtskarte wird so zum Zeitzeugnis.

Die Fans von „Raketen-Fritz“ schickten ihre Grüße an die Lieben daheim direkt von der Avus los. Schon kurz nach der Eröffnung der Berliner Rennstrecke im September 1921 gab es die ersten Avus-Postkarten mit einem Foto vom Start: Ganz links ist Fritz von Opel zu sehen, im Rennauto Nummer 14. Gemächlicher ging es am Rande des Tiergartens zu. Dort zuckelten die Droschken entlang und waren gleichfalls ein beliebtes Ansichtskartenmotiv. Vor allem eine exotische Variante: das erste deutsche Zebra-Gespann. Auch dieses Bild machte den Empfängern klar, was es in der Reichshauptstadt alles Spannendes zu sehen gab. Die Postkarte aus Berlin als Zeitzeugnis. Im Museum für Kommunikation kann man Berlin seit gestern im Spiegel seiner Ansichtskarten bewundern – von 1900 bis in die 30er Jahre.

Exakt 552 Karten werden gezeigt und erklärt. Sie gehören Wilfried Matanovic. Jahrzehntelang hat er eine der bedeutendsten Berliner Postkartensammlungen zusammengetragen – und das, obwohl er gar kein Berliner, sondern ein Bonner ist. Doch in Berlin fühlen sich auch die Rheinländer wohl, das zeigt nicht erst ein Blick in die heutige „Ständige Vertretung“ am Schiffbauerdamm. Das machten schon die Postkarten der rheinländischen Karnevalsgesellschaft zu Berlin um 1904 klar. Samt Narrenkappe präsentierte sich der Elferrat am Brandenburger Tor.

Berlin in all seinen damaligen Facetten

„Etwa seit 1880 brach in Berlin eine Postkarten-Begeisterung aus“, sagt Wilfried Matanovic. Firmen, Theater, Vereine, soziale und politische Bewegungen brachten zu Werbezwecken ihre eigenen Ansichtskarten heraus, zugleich wurde die Stadt von allen Seiten abgelichtet und von Touristen in alle Welt versandt.

Wer durch die Ausstellung spaziert, dem begegnet Berlin in all seinen damaligen Facetten. Da ist die „Bolle“-Verkäuferin mit ihrem Karren voller Milchkannen unterwegs, der von Hunden gezogen wird. Da hängt an der Brunnenstraße in Wedding 1907 eine Schwebebahn wie in Wuppertal unter einem Stahlgerüst. Sie wurde einst auf einer Versuchsstrecke getestet, konnte sich aber nicht durchsetzen. Da sieht man auf einem Bild von 1900 das bis heute weltweit längste Linsenfernrohr der Welt der Treptower Sternwarte. Und der Absender schreibt: „Soeben haben wir uns durch das große Fernrohr die Venus angeschaut.“

Am Flughafen Johannisthal wurde eine der ersten deutschen Pilotinnen, Fräulein Melly Beese, 1911 auf eine Karte gebracht, der Admiralspalast ließ seinen Kassenschlager, die Operette „Kaiserin Katharina“, verschicken, Postkarten warben fürs Frauenstimmrecht oder machten Stimmung gegen den Krieg: „Er gehört dazu, auch wenn er fehlt“, steht auf einer Karte mit einem Familienporträt. Die Mutter ist mit zwei Kindern neben einem Stuhl zu sehen, auf dem ein gerahmtes Bild steht. Das zeigt den Vater. Er ist im Ersten Weltkrieg gefallen. (CS)

Berliner Ansichtskarten, Museum für Kommunikation, Leipziger Straße 16, Di–Fr 9–17 Uhr, Sa./So., 10–18 Uhr. Das reich illustrierte Buch zur Ausstellung ist im m+m-Verlag erschienen, 39,80 Euro.

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