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Baumstreit in der Crellestraße eskaliert: Zwei Linden gefällt, eine steht noch

Unter Anwohnerprotesten wurden am Mittwochvormittag zwei der drei umstrittenen Linden in der Crellestraße gefällt - laut Bezirksamt wegen eines Missverständnisses. Ein Baum steht noch: Ein Aktivist war in die Krone geklettert und hatte die Fällung so verhindert.

Die Männer mit den Kettensägen kamen gegen 9 Uhr morgens, berichtet Christian Hönig, Referent für Baumschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die aus drei bis vier Anwohnern bestehende Baumwache sei vom Fällkommando getäuscht worden, so Hönig: "Sie haben erzählt, sie wollten bloß kleine Arbeiten an den Ästen ausführen - und haben dann sofort damit begonnen, die Stämme anzusägen."

Das Fällkommando bestand aus den Mitarbeitern eines privaten Garten- und Landschaftsbauunternehmens. Beauftragt wurde es vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg. "Wir hatten geplant, dass ein kleiner Kronenrückschnitt erfolgt, ohne die Standsicherheit der Bäume zu gefährden", erklärte Angelika Schöttler (SPD), die Bezirksbürgermeisterin. Ein Fällen der Bäume sei zumindest am Mittwoch nicht geplant gewesen.

Nun sind zwei der drei Bäume doch gefallen - wegen eines Missverständnisses zwischen dem Bezirksamt und dem beauftragten Dienstleister. Das beteuert jedenfalls Bezirksbürgermeisterin Schöttler: "Ziel war nicht, eine Eskalation herbeizuführen. Die Ansage an das Unternehmen war: Protestieren die Bürger, zieht euch zur Not zurück." Doch die Baumfäller hielten sich laut Schöttler nicht an die Absprache, sondern machten sich mit ihren Kettensägen ans Werk. Etwa zehn bis zwanzig Anwohner hatten sich zum Protestieren am Ort des Geschehens versammelt. Vom Unternehmen gab es am Mittwoch keinen offiziellen Kommentar.

Im Kiez schwelt ein Konflikt um den geplanten Neubau eines Wohnhauses. Ein Investor will auf dem verwilderten Eckgrundstück in der Crellestraße bauen - und dafür müssen die drei Linden weg. Die Anwohner wehren sich, schlossen sich in der Initiative "Crellekiez Zukunft" zusammen und verhinderten Anfang Juli mit einer Blockade den ersten Versuch, die Bäume umzulegen. Solange die Bäume noch da sind, kann nicht gebaut werden - die Initiative richtete also die Baumwache ein, um die Linden zu schützen. Doch auch die Wache konnte die Bäume am Mittwoch nicht mehr retten.

"Sie sind mit laufenden Motorsägen auf die Anwohner zugegangen", beschwert sich Baumschützer Hönig. Auch zu Handgreiflichkeiten zwischen Protestierenden und Baumfällern sei es gekommen - die Polizei bestätigte am Mittwochnachmittag, dass im Zusammenhang mit den Ereignissen zwei Anzeigen wegen Körperverletzung und wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gestellt wurden.

Als die von den Protestlern herbeigerufenen Beamten gegen 9.20 Uhr eintrafen, waren die Stämme von zwei Linden laut Hönig schon so gut wie durchgesägt. Die dritte Linde mussten die Garten- und Landschaftsbauer in Ruhe lassen: Ein Anwohner war auf einer Leiter etwa sieben Meter hoch in die Baumkrone geklettert und verhinderte so, dass der Baum ebenfalls mit der Kettensäge bearbeitet werden konnte.

Bevor die Arbeiten endgültig gestoppt wurden, war der erste Baum schon gefällt. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg entzog dem Unternehmen am Mittwochmittag den Auftrag - und schickte wenig später einen Baumsachverständigen zur Crellestraße. Der Fachmann kam zu dem Ergebnis, dass auch die zweite angesägte Linde durch die Arbeiten so stark beschädigt wurde, dass auch sie gefällt werden müsse. Das geschah dann auch - die notwendigen Arbeiten übernahm allerdings ein anderes Unternehmen.

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