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Werbung

© Kleist-Heinrich

Berlin: Alles so schön bunt hier

Große Werbeflächen dominieren das Stadtbild: Riesenposter sind eine lukrative Einnahmequelle. Auch Berlin könnte Millionen damit machen. Doch niemand koordiniert die Reklame.

Sie ist mittlerweile überall. An der Charité, am Charlottenburger Tor, an Baugerüsten in Mitte und Charlottenburg und auf Verkehrsinseln in Friedrichshain oder Tempelhof: großflächige Werbung bestimmt das Bild der Innenstadt immer stärker. Längst weiß keine Behörde mehr so recht, wer welche Fläche wo und zu welchen Konditionen vergeben hat. Also geht die Antwort auf die Frage, was Berlin wirklich an der Werbung verdient, im Gewirr der Zuständigkeiten unter.

„Eine Aufstellung über die gesamten Einnahmen gibt es derzeit nicht“, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Hamburg hat die Sache besser im Griff. Die dortige Stadtentwicklungsbehörde meldet stolz, die Hansestadt verdiene an der Außenwerbung in der Innenstadt in den nächsten 15 Jahren 508 Millionen Euro. Darüber hinaus erhalte sie neue Buswartehäuschen – entworfen von Sir Norman Foster und größtenteils übrigens ohne Werbung – und Litfasssäulen. Großflächige Werbung, wie in Berlin üblich, wird in Hamburg nicht genehmigt. „Wir wollen damit das Bild der Stadt nicht verschandeln“, erklärt Annette Kersting, bei der Behörde für Werbung zuständig.

In Berlin existieren unterschiedliche Verträge. So lassen viele Bezirke ihre Brunnen von Werbefirmen betreiben und reparieren. Die dürfen im Gegenzug Großwerbetafeln aufstellen. Der Landesrechnungshof hat das in der Vergangenheit zwar immer wieder moniert, doch die Bezirke blieben dabei, es sei ein gutes Geschäft. Weil die Sanierung für Denkmäler oder Brunnen nicht aus dem Haushalt zu bezahlen ist, greifen die Ämter ebenfalls in die Werbe-Trickkiste. Auch die Charité finanziert einen Teil ihrer Sanierungskosten über die Einnahmen aus der Werbung, die an ihrer Fassade hängt.

Auf die Idee kommen inzwischen auch private Bauherren und sichern sich erkleckliche Einnahmen. Ein großes Poster an einer markanten Ecke in Mitte kann bis zu 30 000 Euro im Monat einbringen. Da haben es die Investoren mit der Sanierung oder dem Neubau nicht mehr so eilig. Große Plakate an Baugerüsten zu verbieten, wie Hamburg das macht, ist in Berlin nicht mehr möglich. Die vor drei Jahren geänderte Bauordnung lässt Werbung an Baugerüsten und Bauzäunen zu. „Der sogenannte Verunstaltungsparagraph ist weitgehend gestrichen“, sagt Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). „Das muss dringend revidiert werden.“ Viele Werbeflächen stellt auch die Stiftung Denkmalschutz Berlin auf, um ihre Sanierungsprojekte zu finanzieren. Das markanteste Beispiel ist das die Straße des 17. Juni überspannende Transparent, das helfen soll, die historischen Kandelaber an der Brücke wieder zu errichten. Kritiker vermuten, die Stiftung ziehe die Sanierung ihrer Baustellen absichtlich in die Länge, um ihre Einnahmen aus der Werbung zu erhöhen. Das hat die Stiftung stets zurückgewiesen.

Bei den sogenannten Werbesegeln zur Finanzierung der Sanierung des Strandbades Wannsee, die überall stehen, hat die Stiftung allerdings den Bogen überspannt. Eigentlich sollten nach Angaben von Mittes Stadtrat Gothe alle Segel bis Ende September 2007 verschwunden sein. Doch Anfang des Jahres waren sie immer noch da – inklusive zweier Werbesegel, für die die Stiftung nie eine Genehmigung hatte. Nun haben sich beide Seiten auf einen Kompromiss geeinigt: Sechs Segel dürfen noch bis Ende März bleiben, dann ist Schluss.

Ein solches Durcheinander gibt es in Hamburg nicht. Einige Werbeverträge liefen aus, andere wurden gekündigt, um einen Vertrag mit einem hohen Ertrag für die Stadt zu erhalten. Dazu sieht sich Berlin nicht in der Lage: „Es gibt zu viele Interessen, die nicht unter einen Hut zu bringen sind“, sagt Petra Rohland. „Das wäre eine Arbeit von mehreren Monaten.“

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