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berlin haushoch

© Doris Spiekermann-Klaas

"Berlin Haushoch“: Im Revier des Platzhirschs

Das Magazin "Berlin Haushoch“ erscheint einmal im Jahr. Die neue Ausgabe widmet sich Charlottenburg und Rolf Edens Körper.

Jede Pore ist zu sehen, jedes Nasenhaar, die Brustwarzen. So hautnah kommen Rolf Eden sonst wohl nur die „Mädels“, die Berlins bekanntestem Playboy nach eigenen Angaben immer noch „sehr oft ins Bett fallen“. Für die neue Ausgabe ihres Magazins „Berlin Haushoch“ sind die Designerinnen Alexandra Bald, Ana Lessing und Esra Rotthoff dem 79-Jährigen mit ihren Kameras ganz dicht auf den Leib gerückt. Herausgekommen ist die Anatomie eines Platzhirschs. An ihm kommt niemand vorbei, der sich mit Edens Revier, dem Stadtteil Charlottenburg, beschäftigt.

In dem Interview, das die spektakuläre Fotostrecke flankiert, meint der Ex- Ku’damm-König zwar, dass in Charlottenburg „nicht mehr viel los“ sei. In ihrem mittlerweile dritten Magazin beweisen Bald, Lessing und Rotthoff allerdings das Gegenteil. Ein Jahr lang haben die 27-Jährigen von einem Büro nahe dem Schloss Charlottenburg aus nach Bildern und Geschichten gesucht. Herausgekommen ist ein Panorama, das von Rolf Edens Nase bis zu den Hochhäusern am Ernst-Reuter-Platz reicht, vom Nonnenkloster bis zum Wohnungsbordell, von der Bahnhofsmission bis zur Großbürgerwohnung.

Es ist Teil des Konzepts, dass die „Berlin Haushoch“-Redaktion für jede neue Ausgabe in den zu porträtierenden Stadtteil zieht. 2007 war der Wedding dran, ein Jahr zuvor erschien ein Heft zu Marzahn. Inspiriert wurde es von einem Studienprojekt an der Universität der Künste, wo die Designerinnen im Dezember 2008 ihr Studium der visuellen Kommunikation abgeschlossen haben. Das Charlottenburg-Heft haben die drei gleich auch als praktischen Teil ihrer Diplomprüfung eingereicht. Note: sehr gut. Schon die ersten beiden Hefte haben insgesamt fünf renommierte Designpreise gewonnen.

Und das fast ohne Budget. Die Herausgeberinnen sind für sämtliche Fotos und Illustrationen selbst zuständig, die Autoren schreiben ihre Texte nicht für Geld, sondern aus Leidenschaft. Es gibt keine einzige kommerzielle Werbeanzeige im Heft. Nur die Wohnungsbaugesellschaft, die den dreien das Charlottenburger Redaktionsbüro umsonst zur Verfügung gestellt hat, bekommt ein liebevoll gestaltetes Motiv. Und die Königliche Porzellan- Manufaktur etwa stellt die Räume für eine Ausstellung zur Verfügung.

Denn „Berlin Haushoch“, das in einer Auflage von 10 000 Exemplaren erscheint, ist zwar ein Non-Profit-Projekt. Aber Bald, Lessing und Rotthoff sind charmante Fundraiserinnen. „Wir können Leute begeistern“, sagen sie. „Wir nutzen sie nicht aus, sondern holen sie ins Team.“ Man könne das ja auch so sehen: „Man hat nur einmal die Chance, zu ,Berlin Haushoch’ beizutragen“, lachen die drei.

Ihren Lebensunterhalt verdienen sich die Freundinnen als freie Gestalterinnen. Nach dem Diplom haben sie mit „Haushoch Design“ eine eigene Agentur gegründet. Weil da nebenbei noch ein erstklassiges Magazin entstehen soll, sind Sieben-Tage-Wochen angesagt. Das geht, „solange man jung ist und Energie hat“. In Zukunft wollen sie sich aber Unterstützung bei anderen Designern und Fotografen holen. Als nächsten Bezirk haben sie sich Mitte vorgenommen, jenseits von „Röhrenhose und Latte Macchiato“. Die nächste Ausgabe von „Berlin Haushoch“ soll Anfang 2010 erscheinen, die folgenden in kürzerem Abstand. Schließlich gibt es viel zu tun. „Berlin“, sagen sie, „hat noch so viele weitere Bezirke.“

Bis 27. Februar sind Fotos aus „Berlin Haushoch“ im Haus 1 der Königlichen Porzellan-Manufaktur, Wegelystr. 1, Charlottenburg ausgestellt. Geöffnet ist von 15–18 Uhr. Ein Heft kostet sieben Euro und ist im Buchhandel oder über die Internetseite www.berlinhaushoch.de erhältlich.

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