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Die zwölf Förmchen. Beim Bezirkebacken bemerkte Erfinderin Victoria Sturm erst die Winzigkeit von Friedrichshain-Kreuzberg. Und dass Spandau gar nicht im Norden liegt.

© promo

Berlin im Backofen: Bezirksförmchenversammlung

Kreuzberg anknabbern, Mitte mampfen: Berlins Stadtteile gibt es jetzt als Plätzchenform aus Edelstahl. Die Erfinderin verrät, wie sie damit die Welt erobern möchte. Und was man dabei lernen kann.

Sie musste Opfer bringen für ihre Erfindung. Mehrere Kilo nahm Victoria Sturm in den ersten Monaten zu, weil sie immer wieder ausprobierte, herumexperimentierte. Und dann waren da noch die Backabende für die Werbefotos.

Inzwischen hat Sturm ihr Gewicht wieder im Griff. Und die Erfindung verkauft sich prächtig, gerade jetzt kurz vor Weihnachten: Plätzchenformen in den Umrissen der zwölf Berliner Bezirke, aus Edelstahl und spülmaschinenfest. Die Idee hatte ein Bekannter. Warum Jahr für Jahr bloß öde Monde und Sterne backen, wenn man seiner Teigmasse genauso gut die Form kommunaler Verwaltungseinheiten geben kann?

Was Victoria Sturm beim Testbacken als erstes auffiel: Wie schwierig es doch ist, die geschrumpften Bezirke in die richtige Reihenfolge zu bringen. Charlottenburg-Wilmersdorf konnte sie leicht verorten, da wohnt sie schließlich. Doch das war es dann auch. Erste Versuche brach sie entnervt ab, griff immer wieder zur Vorlage. „Spandau zum Beispiel hätte ich niemals so weit links angeordnet, eher im Norden.“ Aber da lag schon dieses Reinickendorf. Und wer hätte gedacht, dass Friedrichshain-Kreuzberg tatsächlich derart winzig ist – und das angrenzende Treptow-Köpenick im Vergleich so unfassbar riesig? „Zugegeben, ich bin eine geographische Vollpfeife“, sagt Victoria Sturm.

Es müssen ja nicht immer Sterne sein. Ein Berlin Backförmchen kostet 3,50 Euro, das Set 30 Euro.
Es müssen ja nicht immer Sterne sein. Ein Berlin Backförmchen kostet 3,50 Euro, das Set 30 Euro.

© picture-alliance/ dpa

Es ist merkwürdig, mit dieser Frau zu telefonieren. Sie klingt so vertraut, auch wenn man sie gar nicht kennt. Das liegt an ihrem eigentlichen Beruf: Sturm ist keine Unternehmerin, sondern Schauspielerin und Synchronsprecherin. Unter anderem leiht sie Lynette Scavo, der stets genervten Mutter aus „Desperate Housewives“, ihre Stimme. Den Förmchen-Verkauf organisieren Sturm und ihr Partner nebenher, inzwischen haben sie eine Firma gegründet, die „Back Dir Deine Welt GmbH“. Das benötigte Unternehmer-Wissen eigneten sie sich selbst an. „Da half mir zum Glück die göttliche Naivität einer Schauspielerin“, sagt Sturm. „Ich habe mich einfach immer durchgefragt.“

Beim Patentamt, bei der Zollbehörde, beim Finanzamt. Weil die Nachfrage so groß ist, haben sie weitere Backvorlagen in den Umrissen von Deutschland und der Welt entworfen. Dabei mussten sie allerdings Details weglassen. Großbritannien zum Beispiel. Bald wollen sie München oder Dresden auf den Markt werfen, das müssen sie noch entscheiden. Und dies ist erst der Anfang. Sturm hat sich vorsorglich die Patente für Keksumrisse von 150 Städten und Ländern gesichert. In Berlin werden die Förmchen in zwölf Läden verkauft, einzeln für 3,50 oder im Set für 30 Euro.

So schwer sich die Schauspielerin zu Beginn mit dem Zusammenpuzzeln der Bezirke auch getan hat, inzwischen kann sie alle Teile blind zusammenfügen, sogar Spandau. Und sie hat erlebt, dass sich manche ihrer Freunde noch viel ungeschickter anstellten: „Ich habe so einige abenteuerliche Gebietsreformen gesehen.“ Wer es gar nicht hinbekommt, wird vielleicht mit den Plätzchen-Formen des Berliner Designers Philipp Berief glücklich. Der hat sich nicht auf geographische Grenzen, sondern auf Wahrzeichen spezialisiert, auf seiner Seite www.phil-goods.com bewirbt er Ausstechformen in den Umrissen des Brandenburger Tors und des Fernsehturms. Dazu gibt er Backanleitungen für Vanille- oder Käseplätzchen. Für Victoria Sturm wäre das nichts. Die mag nur Butterkekse. 

Die Adressen aller Verkaufsgeschäfte: www.backdirdeinewelt.de

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