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Günther Beckstein und Angela Merkel

© dpa

Berliner Oktoberfest: Wahlkampf im Bierzelt

In zünftiger Atmosphäre sind die Spitzenleute von CSU, CDU und SPD im bayerischen Festzelt gegenüber des Roten Rathauses zusammengekommen. Doch die Politiker ließen ihre Chancen, Wahlkampf zu machen, ungenutzt.

In Berlin ist die Welt für die CSU noch in Ordnung. Auf dem Oktoberfest in der Bundeshauptstadt hat die bayerische Regierungspartei noch die Macht über den Zapfhahn. Zünftig, ohne Jackett und mit aufgekrempelten Hemdsärmeln zelebriert der Staatsminister für den Bund und Europa, Markus Söder, als "Hausherr Bayerns in Berlin" den traditionellen Bierfass-Anstich. Nach vier eher zaghaften Schlägen fließt der Gerstensaft schließlich in die erste Maß - und Söder verkündet: "o'zapft is". In München, dem Herzen Bayerns, ist dieser symbolische Akt seit 1993 dem SPD- Oberbürgermeister der Stadt, Christian Ude, vorbehalten.

Ein Heimspiel ist es für den bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) im selbst ausgerufenen "weiß-blauen Herrschaftsgebiet" direkt gegenüber dem Roten Rathaus in Berlin trotzdem nicht. Zu den Klängen des Defiliermarsches eingezogen, muss er anschließend pausenlos vor zahlreichen Fernsehkameras seine heftig umstrittene Äußerung zu Alkohol am Steuer erklären und zurücknehmen. Elf Tage vor der Wahl des bayerischen Landtags am 28. September bemüht sich der Regierungschef angestrengt lächelnd, seine eigentlichen Wahlkampfbotschaften zu verkünden: Die CSU werde mehr als 50 Prozent erreichen und die Linke aus dem bayerischen Landtag fernhalten, versichert er.

"Das Auto bleibt zuhause und wird nicht angefasst"

Doch seine unüberlegte Äußerung in einer Bierzeltrede - es sei "nicht das Problem, wenn einer eine Maß trinkt, oder wenn er ein paar Stunden da ist, auch zwei" - holt ihn immer wieder ein. "Damit das klar ist: Das Auto bleibt zuhause und wird nicht angefasst", sagte er scherzhaft und dann, etwas ernster: "Missbrauch von Alkohol muss hart bekämpft werden. Wenn man Autofahren will, trinkt man am besten gar kein Bier." Ein normales Glas Wein oder Bier gehöre aber zur gesellschaftlichen Kultur.

Das lassen sich die rund 2400 Gäste in dem heißen, aber nicht rauchgeschwängerten Festzelt nicht zweimal sagen. Die bayerische Staatskanzlei hat sich dem Berliner Landesrecht in dem Punkt gebeugt und Rauchen verboten, obwohl in den heimatlichen Bierzelten dafür extra eine Ausnahme geschaffen wurde.

Merkels Einmarsch misslingt

Dirndl, Lederhosen und Trachtenjankerl sind eher selten zu sehen. Gründlich misslingt der Einmarsch der Heroin im dunkelblauen Hosenanzug. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fast zwei Stunden nach dem Anstich im Zelt eintrifft, wird sie nur zögerlich beklatscht. Beifall gibt es erst, als sie sich einschmeichelt: "Wir brauchen dringend gegenüber dem Roten Rathaus ganzjährig ein bayerisches Bierzelt."

Um "Lufthoheit" an den Biertischen bemüht sich auch unverdrossen der bayerische SPD-Spitzenkandidat Franz Maget. Obwohl rund drei Meter Luftlinie vom Ehrentisch an der Bühne verbannt, betreibt auch der Münchner SPD-Fraktionschef unermüdlich Wahlkampf. Beckstein sei zwar am heutigen Abend "noch in der Vorhand: Er darf den Befehl zum Anzapfen geben - aber zum letzten Mal", gibt sich der SPD-Politiker siegessicher. "Die CSU ist dabei, ihre absolute Mehrheit zu verspielen, und das ist eine gute Chance für die SPD". Maget verschweigt allerdings, dass die SPD nach jüngsten Umfragen gerade bei 19 Prozent liegt.

Kirsten Baukhage, Silke Katenkamp[dpa]

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