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Bisseh Akamé: Von Friedenau zum Broadway

Jazz und Chansons von Brecht: Die Berlinerin Bisseh Akamé präsentiert ihr Programm im Admiralspalast.

20 Jahre nach dem Mauerfall erhält nach Preisträgern wie Gorbatschow, Reagan und Kohl wieder ein Politiker, der sich um die Wiedervereinigung verdient gemacht hat, die Berliner Friedensuhr: Hans-Dietrich Genscher, ehemaliger Bundesaußenminister. Der Preis wurde am Donnerstagabend vom Berliner Komitee für Unesco-Arbeit verliehen. Er wurde vor 20 Jahren vom Friedenauer Juwelier Jens Lorenz ins Leben gerufen. Lorenz verlieh den Preis bei den Feierlichkeiten im Atrium der Deutschen Bank Unter den Linden an den 82 Jahre alten Genscher. Die Laudatio hielt der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor. Die Friedensuhr trägt die Inschrift „Zeit sprengt alle Mauern“. Erstmals in Gang gesetzt hatte Lorenz die Uhr am Abend des 9. November 1989, als die Berliner Mauer fiel. Damit werden Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet, die „zur Überwindung von Mauern zwischen Völkern, Nationen, Kulturen, Ideologien beigetragen haben“. Darunter sind Mutter Teresa und Papst Johannes Paul II.lb/KNA

Bei einer Jamsession einfach auf die Bühne gehen, sich das Mikro schnappen und die Stimmbänder vibrieren lassen, bis auch Zuhörer in der hintersten Ecke mit den Ohren schlackern – früher hätte diese Vorstellung Bisseh Akamé Angst gemacht. „Du gehst da alleine hin, kennst niemanden – und dann musst du dich beweisen. Das ist auch immer eine Art Battle.“ Heute genießt sie diese Herausforderung und die Möglichkeit, sich auszuprobieren. In den Clubs „b-flat“ in der Rosenthaler Straße in Mitte oder im „A Trane“ nahe Savignyplatz in Charlottenburg, wo die unterschiedlichsten Leute gemeinsam dem Jazz huldigen, singen, musizieren, steppen und tanzen.

Ihr eigenes Programm „From Berlin to Broadway“, das sie an diesem Freitag und Sonnabend im „Admiralspalast 101“ in der Friedrichstraße präsentiert, ist bunt gemischt. Neben Jazzstücken singt sie deutsche Chansons von Brecht, Weill oder Holländer und klassische Soulnummern wie „Street Life“. Die Bewunderung für Brecht ist bei Bisseh Akamé familiär bedingt: Die Mutter ist Deutsche, der Vater stammt aus Kamerun, einst deutsche Kolonie. Beide haben einen starken Bezug zu deutscher Literatur, der sich bei ihr auf die Musik übertrug: „Der deutsche Schlager und ich“, sagt die 35-Jährige, „wir passen gut zusammen und so ganz kommen wir nicht voneinander los.“ Deutsche Schlager der 20er und 30er Jahre gemischt mit Jazz und Soul? Einwände von Kritikern, die gerade in Deutschland noch großen Wert auf Kategorien und Schubladen legten, interessierten sie nicht, sagt sie.

Dieses Selbstbewusstsein ist wohl auch in ihrer Biografie begründet: Bisseh Akamé wuchs in Schwaben auf, die Familie zog mehrmals um, von Dorf zu Dorf. Oft fühlte sie sich ausgegrenzt, wünschte sich, weiß zu sein: Es sei keine Boshaftigkeit der Mitmenschen gewesen, sagt Akamé, sondern schlicht die Tatsache, dass sie die einzige Dunkelhäutige war. Entsprechend groß war ihre Erleichterung, als Künstler wie Michael Jackson und Tina Turner die Zeitschrift „Bravo“ eroberten. „Wenn ich früher die Dreigroschenoper sah, dachte ich immer: ‚Super, die sind alle weiß. Ich kann nie die Seeräuber-Jenny spielen.‘“ Bald aber überwog der Wille, auf die Bühne zu kommen, alle Zweifel.

Mit 16 Jahren ging sie nach Hamburg, um Gesangsunterricht zu nehmen, dann für ein Jahr nach London, wo sie Projekte am Musical Theatre entwickelte. Und im Jahr 2002 schließlich zog es sie nach Berlin – auch weil ihr Hamburger Gesangslehrer hier inzwischen an der UdK unterrichtet. Mit ihrem Ehemann und den beiden kleinen Söhnen lebt sie in Friedenau, wo sie beide Welten wiederfindet, den Mikrokosmos ihrer Kindheit in Schwaben auf der einen und die Großstadt auf der anderen Seite: „Friedenau ist wie ein kleines weltoffenes Dorf.“

Nach einer Mutterschaftspause kehrt sie nun zurück auf die Bühne, begleitet von ihrem Pianisten Harry Ermer. Den kennengelernt zu haben, sagt sie, sei ein großes Glück gewesen. „Ich brauchte jemanden, der alles kann. Wenn man deutsche Schlager, Chansons, Jazz singt und dann auch noch mit ‚Street Life‘ um die Ecke kommt, fordert man einem Pianisten einiges ab.“ Dass beide diesem Stilmix gewachsen sind, gilt es im Admiralspalast zu beweisen. Aufgeregt? „Im Moment noch nicht. Kurz vorher denke ich oft: ‚Was tue ich mir da eigentlich an?‘ Aber direkt vor dem Auftritt will ich dann auch unbedingt loslegen – wie eine Läuferin vor dem Sprint.“

Also: Auf die Plätze, fertig …

Freitag und Sonnabend im Admiralspalast 101, 20 Uhr, Karten: 13 Euro

 Lydia Brakebusch

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