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Bürgerinitiative: Wahlrechts-Initiative hat Stimmen für Volksbegehren zusammen

Die Initiative für ein neues Wahlrecht will Donnerstag dem Senat die Unterschriften für ein Volksbegehren übergeben. Wichtigste Forderung: Jeder Wähler erhält fünf Stimmen, die er einer Partei geben oder beliebig auf mehrere Parteien verteilen kann.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Volksbegehren zur Änderung des Berliner Wahlrechts hat die erste Hürde übersprungen. Rund 24 000 Unterschriften für eine umfassende Reform sollen am Donnerstag der Senatsinnenverwaltung auf silbernen Tabletts übergeben werden, kündigte der Verein „Mehr Demokratie“ gestern an. Wenn der Senat, was zu erwarten ist, das Volksbegehren für rechtlich zulässig erklärt, soll es Anfang 2009 starten.

Die wichtigsten Forderungen des Volksbegehrens: Jeder Wähler erhält fünf Stimmen, die er einer Partei geben oder beliebig auf mehrere Parteien verteilen kann. Dies mache es möglich, bei der Wahl auch Koalitionspräferenzen zum Ausdruck zu bringen, sagen die Initiatoren. Sollte die Partei der eigenen Wahl an der Fünfprozenthürde scheitern, darf der Wähler – per Ersatzstimme – festlegen, welche Partei stattdessen die Stimme erhält.

Außerdem sollen die Wähler die Reihenfolge der Kandidaten auf den Wahllisten ändern können. Die innerparteilichen Nominierungsverfahren zur Festlegung der Listenplätze (Zweitstimme) würden dadurch weitgehend bedeutungslos. Hat ein Kandidat genügend Stimmen für ein Mandat im Abgeordnetenhaus oder in der Bezirksverordnetenversammlung, werden die überschüssigen Stimmen an die nachfolgende Präferenz vergeben. Auf diese Weise gehen nur wenige Wählerstimmen verloren.

Ein weiteres Ziel des Volksbegehrens ist die generelle Einführung von Landeslisten. In Berlin halten SPD, CDU und FDP seit Jahrzehnten an den Bezirkslisten fest, weil die regionalen Parteiverbände um ihre Einflussmöglichkeiten bei der Auswahl des politischen Personals fürchten. Auch bei den Wahlkreismandaten (Erststimme) sollen sich entscheidende Dinge ändern. Während bisher dem stärksten Kandidaten das Direktmandat zusteht, werden für die Zukunft Mehrmandats-Wahlkreise gefordert, in denen drei bis sieben Kandidaten direkt gewählt werden können.

Der Vorteil der angestrebten Wahlrechtsreform: Mehr Einflussmöglichkeiten für die Wähler und ein stärkeres Gewicht für jede einzelne Wählerstimme. Der Nachteil: Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus müssten sich die Wähler mit einem vierseitigen Stimmheft für die Erststimme und einem 44-seitigen für die Zweitstimme herumschlagen. Unterstützt wird das Volksbegehren unter anderem von zahlreichen Bürgerinitiativen der Stadt, von den Jugendverbänden der Grünen, der Linken und des Deutschen Gewerkschaftsbundes, von Attac, der Humanistischen Union und der Berliner Mietergemeinschaft.

Die Berliner Initiative orientiert sich an den Bemühungen in Hamburg, die dort 2004 über einen erfolgreichen Volksentscheid zu einer Wahlrechtsreform führten. Damit es in Berlin zu einem Volksentscheid kommt, um eine Änderung des Landeswahlgesetzes zu erzwingen, müssen ab Januar/Februar 2009 binnen vier Monaten erst einmal 170000 Wahlberechtigte dem Volksbegehren zustimmen.

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