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Stadtleben: Burger-Entscheid in Kreuzberg

Kulturrevolution im alternativen Kiez: McDonalds baut eine Filiale an der Wrangelstraße

In Italien haben sie das Ende der Pizza befürchtet. In China gleich den Untergang der gesamten Essenskultur. Trotzdem hat McDonalds in beiden Ländern Fuß fassen können. Jetzt schickt sich der weltumspannende Hamburgerbräterkonzern an, eine der letzten burgerfreien Zonen dieser Erde zu erobern: Kreuzberg.

Die Bauarbeiten für ein autogerechtes Schnellrestaurant an der Wrangelstraße haben bereits begonnen. Jahrelange Proteste der Kreuzberger von allen Seiten haben nicht gefruchtet. Am Ende musste das Bezirksamt in den bitteren Burger beißen und die nötige Baugenehmigung erteilen. Mit großem Bedauern, wie Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) feststellte.

Bereits vor fünf Jahren hatte der Schulleiter des auf der anderen Straßenseite liegenden Oberstufenzentrums protestiert: Statt in seiner Mensa würden die Schüler künftig zu McDonalds gehen, und das trage dazu bei, dass die Kinder noch dicker würden. Kritik gab es, wie nicht anders zu erwarten, auch aus der autonomen Szene. Deren Anhänger besetzten vor anderthalb Jahren die alte Kita, die damals auf dem Baugrund stand, und betonierten sich ein. Protest gibt es aber auch von Passanten in der Wrangelstraße: Burger? Nein danke.

Nun haben Linke den privaten Wachdienst der Baustelle ausgespäht und Fotos der Mitarbeiter auf ihre Internetseiten gestellt. In autonomen Kreisen gilt McDonalds als Vorreiter des bösen amerikanischen Imperialismus.

Der Konzern hingegen beweist eine erstaunliche Beharrlichkeit, was das Bauprojekt in Kreuzberg angeht. Der Bauantrag ist bereits geschlagene sechs Jahre alt. Zwei Jahre hatte der Bezirk versucht, die Post AG davon zu überzeugen, als Eigentümerin des Grundstücks lieber an jemand anderes zu verkaufen. Vergebens. Jetzt sind alle behördlichen Verfahren durch, und Schulz, der sich von der milliardenschweren amerikanischen Investorengruppe Anschutz auf die Schulter schlagen lässt, weil er so schnell und konstruktiv mitarbeite an den Plänen der Anschutz-Arena, musste den Bauantrag für den Hamburger-Imbiss durchwinken.

Übrigens: Die Pizza gibts in Italien immer noch. Und in China wird nach wie vor mit Stäbchen gegessen. oew

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