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© dpa

Denkmalstag: Rein ins Vergnügen

Beim Tag des offenen Denkmals können am Wochenende in Berlin über 300 Orte besichtigt werden „Historische Orte des Genusses“ lautet dieses Mal das Thema. Deshalb sind auch drei Kinos dabei.

Ein Kinofoyer mit eingelassenen Deckenleuchten illuminieren? In den frühen Fünfzigern galt das als todschick. Allerdings, woher sollte man damals in Berlin solch exklusive Lampen nehmen? Doch Architekt Gerhard Fritsche, der 1951/52 das Kiki, die heutige „Astor Film Lounge“ am Kurfürstendamm 225, umbaute, wusste sich zu helfen. Umgedrehte Blumentöpfe geben prima Lampenkörper ab, bieten versenkt Platz für die Fassung samt Birne, und das Lampenkabel wird einfach durch das Wasserloch geführt.

Dieses kuriose Detail haben die Handwerker 2008 bei der Restaurierung des Kinojuwels entdeckt, als der damalige „Filmpalast“ behutsam zur luxuriösen Film-Lounge umgeformt wurde. Sicher wird Anna Maske vom hiesigen Architektur- und Designbüro Maske + Suhren darauf hinweisen, wenn sie an diesem Wochenende beim Tag des offenen Denkmals durch die unter ihrer Leitung herausgeputzten Kinoräume führt und von ihrer Arbeit an dem 1948 eröffneten Lichtspieltheater berichtet.

Wie sie etwa in alten Bauakten zwei Entwürfe Fritsches für den Fußboden fand, deren Umsetzung, warum auch immer, scheiterte und die jetzt zur Vorlage für den neuen Boden wurden. Auch dies ein für die Filmvorführung unerhebliches, fürs Gesamterlebnis eines Kinoabends aber wichtiges Detail. Und es war ja oberstes Ziel des Kinoeigentümers Hans-Joachim Flebbe, das traditionsreiche Haus als einen „Ort des Genusses“ wiederzubeleben und zu erhalten, so historisch authentisch wie möglich, aber gleichzeitig mit allen Finessen, die das Publikum von einem modernen Kino erwartet.

Ein idealer Programmpunkt also für dieses Wochenende mit seinem bundesweit gefeierten Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr als Schwerpunktthema gerade „Historische Orte des Genusses“ herausstellt, mit Vorträgen, Führungen, Entdeckungstouren durch Winkel der Stadt, die mitunter vergessen, zumindest der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind oder Geschichten bergen, die nur Eingeweihten geläufig sind. Orte wie die Marinesiedlung am Südufer des Schlachtensees, 1938/43 für Kapitäne und Stabsoffiziere der Kriegsmarine gebaut. Auch Gustav Kleikamp wohnte dort, Kommandant der „Schleswig-Holstein“, die am 1. September 1939 die Westerplatte bei Danzig beschoss, später dann im Marinesteig 14 – die Siedlung war längst „entmilitarisiert“ – der Regierende Bürgermeister Willy Brandt. Stoff für einen Stadtspaziergang (Sonntag, 15 Uhr, ab Bushaltestelle Lückhoffstraße, Anmeldung unter Telefon 8040 3390) gibt es dort genug, wenngleich es sich nicht im eigentlichen Sinne um einen „Ort des Genusses“ handelt – von der traumhaften Wohnlage mal abgesehen.

Aber das diesjährige Schwerpunktthema wird ohnehin nur von einem Teil der mehr als 300 Orte erfüllt, die an diesem Wochenende zu entdecken sind. Im Zeitzeugen-Vortrag samt Führung durch die Niederkirchnerstraße, zu dem das Mauermuseum lädt (Sonnabend, 14 Uhr, Telefon 2537 250), geht es beispielsweise um alles andere als Genuss, ebenso wenig bei den – ausgebuchten – Sonntagsführungen durch den Kreuzberger Fichtebunker.

Bei der „Astor Film Lounge“, in der zugleich eine vom Verein Kinomuseum Berlin zusammengestellte Fotoausstellung über die hiesige Kinogeschichte gezeigt wird, steht die Erfüllung des Mottos aber außer Frage, ebenso bei den beiden weiteren Lichtspieltheatern, die zum Programm des Denkmaltages gehören.

Dazu zählt zum einen das Kino International in der Karl-Marx-Allee, 1961/63 von Josef Kaiser gebaut, das Premierenkino der DDR, das bei Filmfirmen noch heute für Uraufführungen sehr beliebt und zudem bekanntlich Spielstätte der Berlinale ist. Der dritte Filmort dagegen ist weitgehend vergessen: Das Kino Delphi in der Weißenseer Gustav-Adolf-Straße, 1929/30 von Julius Krost ebenfalls als Premierenkino gebaut, zu einer Zeit also, als die große Zeit Weißensees als Standort der deutschen Filmindustrie – 1920 wurde dort „Das Cabinet des Dr. Caligari“ gedreht – schon wieder vorbei war. Auch das Delphi ist längst Geschichte, überlebte zwar den Krieg, wurde jedoch vernachlässigt und 1959 wegen Baumängeln geschlossen. Andere Nutzer kamen und gingen, 2006 dann folgte die Zwangsversteigerung, doch mittlerweile gibt es wieder Hoffnung. Geplant ist ein Event- und Veranstaltungssaal – mit Kino! 

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