zum Hauptinhalt

Stadtleben: Edle Verführung

Adresse für Feines: Vor zehn Jahren eröffnete Anne Maria Jagdfeld ihren Departmentstore im Quartier 206

Der Abstand zwischen den Extremen beträgt 99 999 Euro. Wer Berlin luxuriöseste Einkaufsadresse aufsucht, der muss nicht unbedingt eine dicke Brieftasche haben. Für einen Euro gibt es im Departmentstore im Quartier 206 an der Friedrichstraße immerhin eine Rose. Wer’s hat (und mag), gönnt sich das 100 000-Euro-„Guitar Case“. Allerdings ist darin kein Instrument in rosafarbenem Lammleder gebettet, sondern sechs Rosé-Champagner-Raritäten. Der mit Barschleder bezogene Koffer ist im Moment das absolute Highlight des im edlen Ambiente angebotenen Mix aus Mode, Accessoires, Kosmetik und Einrichtungsdesign.

Längst muss Anne Maria Jagdfeld nicht mehr fürchten, dass sie auf Dingen wie der Kofferrarität sitzen bleibt. Ihr Departmentstore, dessen zehnjähriges Bestehen heute mit geladenen Gästen gefeiert wird, schreibt schwarze Zahlen. Auch wenn das erst seit zwei Jahren so ist, hat Anne Maria Jagdfeld nach eigenen Worten nie am Erfolg ihres Geschäfts im Speziellen und der Friedrichstraße im Allgemeinen gezweifelt. Die Lust, an dem einmaligen Abenteuer mitzuwirken, eine Metropole zu gestalten, und die dafür nötige visionäre Kraft halfen ihr, die Häme beim Start vor zehn Jahren zu überhören, sagt Jagdfeld, die in der Berliner Gesellschaft als eine Art First Lady des guten Geschmacks gilt. Nur wenige glaubten 1997 an den Erfolg, als die leidenschaftliche Kunstsammlerin und Inneneinrichterin das Geschäft nach ihren persönlichen Vorstellungen einer „Wunsch-Shopping- Adresse“ eröffnete.

„Berlin ist die tollste Stadt der Welt“, war und ist Anne Maria Jagdfeld überzeugt. Wo sie sich auf ihren Reisen rund um den Erdball auch aufhalte, höre sie, wie cool die Stadt sei. Anlass genug für sie, neue Visionen zu verwirklichen. Bis 2009 soll die 2500 Quadratmeter große Verkaufsfläche für Edles und Besonderes, das sie in aller Welt aufstöbert, um 4000 Quadratmeter wachsen.

Keine Frage, dass Anne Maria Jagdfeld auch ein Büro in der Friedrichstraße hat. Auch das hat Jagdfeld-Stil: im Detail schlichtes Understatement, in der Wirkung superedel und zugleich behaglich. So in etwa stellt sich die international geschätzte Lifestyle-Expertin auch das Einkaufserlebnis im 21. Jahrhundert vor – „elegant, aber sinnlich und warm“.

Protz und Prunk ist sowieso nicht die Sache der 52-jährigen Chefin, die bei einem Zwölfstundenarbeitstag schon mal leicht irritiert blickt, wenn sie gefragt wird, ob ihre Initiativen in Sachen kosmopolitischer Gestaltung Berlins mehr als eine Spielwiese für sie sind. Denn die Frau des „leisen Tycoons aus der Kaiserstadt Aachen“ hätte es nicht nötig zu arbeiten. So nannte eine Zeitung mal Anno August Jagdfeld, den Chef der Fundus-Gruppe, zu der unter anderen das Hotel Adlon, das Quartier 206, der China Club, jüngst das Restaurant „Gabriele“ und an der Ostsee das Grand Hotel Heiligendamm gehören. Diesen Orten gab Anne Maria Jagdfeld mit ihrer Firma amj-Design die persönliche Note.

Anne Maria Jagdfeld könnte es sich im Stammhaus der Familie in Aachen gut gehen lassen. Könnte sich dort Tag und Nacht an ihren fünf Söhnen im Alter von 8 bis 31 Jahren erfreuen, die Reit-, Tennis- und Klavierstunden des Jüngsten begleiten. August Hannibal Moses – „das Geschenk Gottes“ – haben die glücklichen Eltern ihren Nachzügler genannt, dessen Geburt vor acht Jahren den Berliner Blätterwald rauschen ließ, war die schöne Mama da doch schon 44 Jahre alt. Alterslos wirkt sie, besonders dann, wenn sie von ihrer Familie erzählt – für Jagdfeld der Quell, aus dem sie Kraft schöpft. Drei der Söhne arbeiten schon im Jagdfeld’schen Imperium mit, und der vierte wird nach seinem Betriebswirtschaftsstudium sicher auch nicht arbeitslos.

Da wird mit Freunden und Freundinnen der Söhne die familiäre Runde immer größer, die sich traditionell zu Weihnachten im thailändischen Refugium versammelt. Auch wenn die Hausherrin danach sicher ein paar Tage zur eigenen Erholung braucht – das Leben in und mit der Familie zieht sie bei allem geschäftlichen Erfolg jeder Party oder einem anderen gesellschaftlichen Event vor. Irgendwann werden die Jagdfelds wohl auch eine neue Adresse haben. „Berlin schleicht sich ins Herz“, sagt die Geschäftsfrau. Ein Haus zwischen Potsdam und Berlin sei schon gefunden.

Heidemarie Mazuhn

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false