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EM 2008: Keine Eile mit der Meile

Die EM-Euphorie kennt keine Grenzen: Vor den Leinwänden drücken Fußballbegeisterte ihrer Mannschaft die Daumen. Fans und Tourismuswerber wünschen sich deshalb, das Fußballfest im Tiergarten vorzuziehen. Doch der Senat bleibt hart.

Lang waren die Schlangen vor den EM-Biergärten zum Deutschlandspiel. Und lang waren auch die Gesichter der Fußballfans, als klar wurde: Der Platz vor den Leinwänden reicht nicht für alle. So mancher wünschte sich die Fanmeile zurück, wie es sie während der gesamten Weltmeisterschaft vor zwei Jahren gegeben hatte. „Die Bilder von der Fanmeile 2006 waren unbezahlbar für Stadt“, sagt Natascha Kompatzki, Sprecherin der Berlin Tourismus Marketing (BTM). Die Tourismuswerber hätten sich eine Fanmeile für den ganzen EM-Zeitraum gewünscht. Pläne dafür gab es von den Veranstaltern der WM-Meile auch. Der Senat aber lehnte eine Sperrung der Straße des 17. Juni für alle drei EM-Wochen ab, es blieb die letzte Woche übrig, ab Halbfinalspiel. „Viele Besucher erinnern sich noch heute an die Fanmeile und suchen jetzt etwas Ähnliches vergeblich“, sagt Kompatzki. Dennoch: Den Beginn der Fanmeile vorzuziehen, würde „auch jetzt noch die Attraktivität Berlins während des EM-Zeitraums erhöhen.“

Gerade zum Deutschlandspiel war es besonders voll in den EM-Kneipen und Bars. Der Bundespressestrand musste eine Dreiviertelstunde vor Anpfiff zumachen, weil es mit mehr als 2700 Leuten bereits voll war. „Wir wollen die Fußballfans, aber wir haben nicht die Kapazitäten für riesige Gruppen fahnenschwenkender Fans“, sagt die Betreiberin Johanna Ismayr. Sie bedauert, dass es nicht wie zur WM 2006 schon früher eine Fanmeile unweit des Bundespressestrandes gibt. Das Fanfest könne gerade bei Deutschlandspielen die Lage entspannen, meint sie. Im Golgatha an der Dudenstraße war es mit 1500 Besuchern eng. Und der Arena-Fuhrpark nahe dem Treptower Park, der 1500 Gäste fasst und in den Elf Freunde, Radio Fritz, Tagesspiegel und Zitty täglich einladen, war überfüllt: „Wir mussten die Tore zumachen, und mehrere hundert Leute blieben draußen“, bedauert Lone Bech, Sprecherin der Veranstalter. Und am Donnerstag, wenn Deutschland gegen Kroatien antritt, werde es sicher wieder sehr voll werden.

Trotz steigender Begeisterung, trotz noch guten Wetters und des Erfolgs des deutschen EM-Teams, Kritik und Apellen zuwider – der Senat wird die Straße des 17. Juni nicht vor dem 23. Juni für ein Fanfest sperren. „Es bleibt dabei, ab dem Halbfinale gibt es die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni“, sagte gestern ein Senatssprecher. Zur Begründung verweist der Senat nach wie vor auf die Verkehrsteilnehmer: Man müsse die Interessen aller Berliner abwägen, sagt der Sprecher: „So nachvollziehbar das Interesse der Fans an der Fanmeile ist, so berechtigt ist das Interesse anderer Berliner an Mobilität.“ Viele der Autofahrer drücken mittlerweile allerdings ihre Fußballbegeisterung aus – und hängen sich Fähnchen an die Scheiben.

Zur Erinnerung: Während der WM 2006 waren mehr als 10 Millionen Menschen zu dem Fußballfest zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule gekommen. Zur EM war auch der Plan, bis zum Viertelfinale auf den Alexanderplatz auszuweichen, gescheitert. Eine Übertragung mit bis zu 50000 Besuchern würde zu erheblichen Verkehrs- und Sicherheitsproblemen führen, die nicht verantwortbar seien, hieß es zur Begründung Ende Mai vom Bezirk Mitte.

Florian Höhne

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