zum Hauptinhalt
Aus der Not heraus entstehen gute Einfälle. Marijan Jordan hat daraus eine Geschäftsidee gemacht und seinen Erfinderladen eröffnet. Hier wird vor Augen geführt, dass Alttagsprobleme Keimzellen für innovative Ideen sein können.

© Mike Wolff

Erfinderladen: Im Showroom von Daniel Düsentrieb & Co.

Der Erfinderladen in der Lychener Straße hat Platz für Skurriles und Kassenschlager von morgen.

Mehr als 100 000 Hunde sind in Berlin gemeldet. Aber nur ein Herrchen hat sich der Sache angenommen. Also dem Häufchen. Er hat etwas erfunden, dass den Alltag von Hundebesitzern erleichtern könnte. Und vielleicht wird aus der Idee mit dem Geschäft ja auch ein Geschäft. Der Hundekotaufnehmer Paxx ist etwa so handlich wie eine Fernbedienung, an einem Ende ragt eine Schlaufe heraus. Tüte um die Schlaufe gelegt. Über das Geschäft des Vierbeiners gestülpt. Schlaufenenden angezogen. Beutel zu.

Knapp 20 Euro kostet Paxx. Marijan Jordan holt das Produkt aus dem Regal. Er ist der Gründer und Besitzer des Erfinderladens im Prenzlauer Berg. Paxx hat er ganz neu ins Sortiment aufgenommen, man kann es im Laden und im Internet kaufen. Ob Paxx sich gut verkauft, muss sich also erst noch zeigen. Aber Potential ist da. Sonst hätte Marijan Jordan dankend abgewinkt, als der Berliner Hundefreund vor gut mehr als einem Jahr auf ihn zukam.

Jordan ist professioneller Erfinder – und er hilft anderen Menschen dabei, ihre eigenen Ideen zur Marktreife zu bringen. „Als erstes haben wir geprüft, ob es so etwas schon gibt“, sagt Jordan. Es wurde nichts gefunden. Und so wurde ein Patent angemeldet, Jordan und sein Team prüften, wo und wie der Hundekotaufsammler am besten produziert werden könnte – auch das Verpackungsdesign stammt aus seiner Schmiede. Paxx ist eines von mehr als 400 Artikeln in den weißen Regalen.

Ab wann lohnt sich ein Produkt?

Da gibt es freischwebende Klobürstenhalter, die das Putzen der Badezimmerfliesen erleichtert oder eine Schablone, mit der man die harte Rinde eines handelsüblichen deutschen Graubrots mit einem Griff ausstanzen kann. Oder ein Puzzle, das man zu zweit gegeneinander spielen kann. Jordan hat es selbst erfunden. Der gebürtige Österreicher deutet auf eine Eierschachtel. „Auch ganz neu. Egg Stamps.“ So heißen kleine Stempelkissen mit Augen und Mund, die man auf ein Ei drücken kann.

Man muss sich nur zu helfen wissen, sagte sich der Erfinder des Kronkorken-Magnetbaumes, dem Unordnung auf dem Biertresen ein Gräuel ist.
Man muss sich nur zu helfen wissen, sagte sich der Erfinder des Kronkorken-Magnetbaumes, dem Unordnung auf dem Biertresen ein Gräuel ist.

©  Mike Wolff

Je nachdem wie herum man sie aufsetzt, lacht das Gesicht oder schaut es eher bedröppelt. „Für nonverbale Kommunikation am Frühstückstisch“, sagt Marijan Jordan. Und lacht. Nicht bei allem erschließt sich sofort die Funktionalität. Erlaubt sind auch nette Spielereien und Geschenke. Originell muss die Innovation sein, damit sie vor den prüfenden Augen Jordans und seinen Geschäftspartners Gerhard Muthentaler bestehen.

Ab wann lohnt sich ein Produkt? „Am Anfang ist es nicht schlecht, es in Kleinserie zu produzieren", rät der Entwickler. „Aber wenn das Ding der Burner wird, muss man auch in der Lage seine große Stückzahlen herzustellen.“ Also am besten immer mit dem Besten rechnen. Der Erfinderladen bietet die Fläche für den Testlauf. Geht das Produkt hier gut, kann man den Vertrieb ausbauen.

Mehr als nur Gimmicks

Jordan und sein Team beschäftigen sich aber nicht nur mit Gimmicks. Oft sind darunter auch hochkomplexe technische Innovationen. Die passen nicht in den Erfinderladen, sondern halten, wenn es klappt, gleich Einzug in die Industrie. Die Boutique ist quasi nur das Schaufenster zur Öffentlichkeit. Abgewickelt werden kleine und große Projekte im nahe gelegenen Erfinderhaus.

Das Geschäft hat Platz für Gimmicks – ist aber auch eine geeignete Fläche für Testläufe von Prototypen.
Das Geschäft hat Platz für Gimmicks – ist aber auch eine geeignete Fläche für Testläufe von Prototypen.

© Mike Wolff

Zur Zeit entwickeln Jordan und Muthentaler mit einem Erfinder ein Gerät zur Verringerung des CO2-Ausstoßes, mit denen man Autos nachrüsten kann. Kürzlich gingen sie mit einer lizensierten medizinischen Schere auf den Markt, die ein Sanitäter erfunden hat. Es ist ein typischer Fall für Jordan. Da hat jemand aus seinem beruflichen Alltag heraus eine Idee, wie er Handgriffe einfacher gestalten könnte, zum Beispiel mit dieser speziellen Schere. „Würde er damit zur Industrie gehen, würde er nicht ernst genommen werden“, gibt Jordan zu bedenken.

Die Wirtschaft unterhält investitionsintensive Entwicklungsabteilungen, da kann nicht jeder Laie daherkommen und es besser wissen. Im schlimmsten Fall wird der Besucher zwar angehört, dann aber abgewiesen – und eines Tages bringt das Unternehmen dessen Ideen selbst auf den Markt. Der Sanitär ist dank des Know How von Jordan mit einem Medizintechnik-Hersteller ins Geschäft gekommen. Der Geschäftsführer des Erfinderladens pflegt seine Kontakte in die Industrie, bundesweit, aber auch nach Asien. Seine Erfinder kommen nicht nur aus Deutschland, auch Produkte von Chinesen oder Israelis vertreibt er in seinem Laden.

Die Zukunft sieht gut aus

Und wer sind diese Menschen, die auf Marijan Jordan zukommen, so als Typ? Daniel Düsentriebe? Tüftler und Bastler? Profis? Männer? Frauen? Gemeinsamkeiten gebe es nicht, sagt Jordan. „Jeder hat Ideen. Denn jeder hat Alltagsprobleme.“ Und aus der Not entstehen noch die besten Einfälle. Deshalb stammen viele Ideen auch nicht von professionellen Erfindern. „Aber wenn jemand schon zwei, drei gute Einfälle hatte, dann kommt da meist noch mehr“, sagt Jordan. Und allen Anfängern gibt er den Tipp: „Gehen Sie in die Küche oder ins Badezimmer, überlegen Sie sich, was Sie dort gerne hätten.“

Marijan Jordan und sein Partner sind seit 17 Jahren im Geschäft. Die Zukunft sieht gut aus. Zumindest scheint der Erfindergeist in Deutschland ungebrochen: Jüngst meldete das Deutsche Patent- und Markenamt, dass in diesem Jahr die Zahl der angemeldeten gewerblichen Schutzrechte, Marken und Designs auf ein Rekordhoch von 65 000 Anmeldung steigen wird.

Jordans Team bekommt im Monat 300 bis 400 Ideen unterbreitet. „Etwa zehn Prozent davon nehmen wir an“, sagt der Patentvermarktungsspezialist. Es gibt Dependancen in Salzburg und in Hamburg. Und Berlin? Hier schätzt Jordan vor allem die internationale Mischung. Spanier, Franzosen und viele andere Nationalitäten versprächen viele unterschiedliche Ideenansätze. Aber Jordan weiß auch: „Hier gibt es viel Herzblut und Kreativität, aber wenig Kapital.“

Dafür genug Raum, um Ideen auszuprobieren. In seinem Laden verkauft er einen kleinen magnetischen Baumstamm. Kronkorken bleiben daran hängen. Die lästigen Verschlüsse sind so gleich aufgeräumt (für alle, die zu faul sind, sie gleich in den Mülleimer zu befördern) und nett sieht es auch aus, diese Baumkrone aus Kronkorken. Beim „Späti“ nebenan läuft die Marktstudie. Jordan ist zufrieden: „Wird super angenommen.“

Weitere Informationen unter: erfinderladen-berlin.de

Zur Startseite