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© Thilo Rückeis

Espiners Berlin: Kultur hat ihren Preis

Der Brite Mark Espiner rätselt, warum die Deutschen nicht gegen die hohen Preise in den Museen rebellieren.

Berlin ist mit Schnee bombardiert worden. Nach LKW-Ladungen von Salz und Split und Dauerfrost hat es nun endlich angefangen zu tauen, mit hartnäckigen Eisbrocken verteilt über die Straßen, Schotterhäufen und Feuerwerks-Silvesterschutt.

Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, das Abschmelzen zu beobachten. Ich hatte schon die ersten Anzeichen von Lagerkoller – besonders dann, wenn die Zeit der Berliner Rathausuhr eingefroren war (ihre ostdeutschen 1950iger Bakerliteschalter gaben offensichtlich bei Temperaturen unter Null auf) – und in meiner Verzweiflung fand ich Zuflucht im Hanf.

Nein, nicht wortwörtlich. Ich machte einen kurzen Besuch zum Hanf Museum in meiner Nachbarschaft.

Es ist ein eigenartiger Ort. Ich habe erfahren, dass Hanf das Material der Zukunft ist, dass das Gemälde mit dem Titel Germania des deutschen Künstlers Philipp Veit das deutsche Nationalsymbol zeigt, während sie eine Marihuanapflanze festhält, und daß man Cannabisparfüm für neun Euro kaufen kann. Nur sollte man darauf verzichten, es durch die Flughafensicherheitschecks zu tragen. Mein Hanftrip machte mich nachdenklich über Ihre Museen.

Mir wurde gesagt, dass es über 150 davon in Berlin gibt. Sowie das Hanf, gibt es das Museum der Unerhörten Dinge in der Crellestraße 5-6 und das Currywurst Museum in der Schützenstraße 70, welches ich, als Wurstliebhaber, besonders gern und bald besuchen möchte. Wir haben keines für Fish'n'Chips, soweit ich weiß, aber es gibt ein wirklich gutes Tee Museum in London, falls Sie jemals dort in der Gegend sein sollten.

Trotz Ihrer Fülle an Museen, muß ich sagen, dass ich kein Enthusiast bin. Das Neues Museum kostet 10 Euro, das Museum für Naturkunde 5 Euro und die Neue Nationalgalerie 8 Euro.

In Großbritannien sind all deren Äquivalente umsonst. Eintritt frei für jeden. Sie miteingeschlossen.

Als ich in der Nachbarschaft des British Museum gearbeitet habe, hat mich der freie Eintritt dazu angeregt, einfach während meiner 20-minütigen Mittagspause vorbeizuschauen. Ich habe viel gelernt, über griechische Vasen, islamische Keramik und Mumien. Tate Modern mit seiner Kunst des 20. Jahrhunderts ist wunderbar einschließend – man sieht Kinder interagieren und die Kunst bewundern, zusammen mit Eltern, die sonst nicht unbedingt das Risiko des Geldausgebens auf sich nehmen möchten, müßten sie denn zahlen.

Museen sind Kirchen des Wissens. Sie sollten offen, nicht ausgrenzend sein und die Menschen umarmen, arm und reich, jung und alt. Sie sollten inspirieren und lehren, nicht Profit machen. Wenn die Leute nicht bezahlen müssen um hineinzukommen, werden sie die Museen besuchen und der Gewinn ist unermesslich.

Man kann keinen Preis für Kultur verlangen. Meine Regierung hat wohl ziemlich dumme Sachen gemacht wie zum Beispiel Kriege führen, aber eines ihrer besten Leistungen war, abgesehen vom Mindestlohn (ein anderes Gebiet wo Sie noch hinterherhinken), die großen Museen für alle zu öffnen.

Warum üben Sie nicht Druck auf Ihre Politiker aus, dasselbe zu machen? Die Museen könnten einige der Kosten durch eine Verbesserung der Shops und Cafes wettmachen – die traurig rückwärtsgerichtet sind im Vergleich zu ihren Londoner Pendants, schäbig, unhöflich, mit nicht genügend Ware und mit einer sehr geringen Chance auf eine gute Tasse inspirierenden Kaffee.

Zum Schluss, und ich möchte nicht als Pfennigfuchser dastehen, wenn ich dies sage, aber die Ungerechtigkeit, dass Sie alle zusammen viele unserer Londoner Museen umsonst besuchen können, während wir Briten tief in die Tasche greifen müssen für das Privileg Eure zu betreten, bereitet mir Schmerzen.

So, während Sie nun ein paar Briefe an Angela und Guido schreiben, um das Kultursystem zu ändern, wie wäre es denn mit einer Geste zugunsten unserer Englisch-Deutschen Beziehungen, die jedem mit einem britischen Pass freien Eintritt zu Ihren Museen gewährt?

Den Originaltext finden Sie hier.

Sie können Mark emailen unter
mark@espiner.com mit Ihren Tipps und ihm auf Twitter @DeutschMarkUK folgen.

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