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Werner Grossmann

© ddp

Fennpfuhlfest: Autogrammstunde mit Stasi-Chef

Auf Einladung einer Buchhandlung soll der letzte DDR-Stasi-Chef Werner Großmann morgen eine Signierstunde auf dem Stadtteilfest in Lichtenberg geben. Jetzt will das Bezirksamt seine Zuschüsse stoppen. Der Buchhändler spricht von "Zensur und ökonomischem Druck", Opferverbände fordern den Rücktritt der Bürgermeisterin.

Der stellvertretende Bürgermeister Andreas Geisel (SPD) sagte gegenüber tagesspiegel.de, dass das Bezirksamt den Auftritt nicht hinnehmen und mit Steuergeldern unterstützen könnte. Noch heute Nachmittag soll die Bezirksverordnetenversammlung einem entsprechenden Antrag nachgehen. Rund 1000 Euro Fördergelder würden den Veranstaltern dann entzogen. Die Pressestelle des Bürgeramtes Lichtenberg wollte unterdessen keinen Kommentar zu diesem Thema abgeben.

Entgegen anders lautender Meldungen will die Wohnungsbaugesellschaft "Howoge" sich nicht von der Veranstaltung zurückziehen, von dem Auftritt Großmanns jedoch distanzieren. "Wir finden das nicht gut und wussten nichts davon", so Pressesprecher Norbert Beyer gegenüber tagesspiegel.de. Es sei zu spät gewesen, sich zurückzuziehen. Bei zukünftigen Engagements jedoch wolle die Gesellschaft auf die Planungen mehr Einfluss nehmen, so Geyer weiter.

"Auch Großmann ist ein Aspekt der DDR-Geschichte"

"Verbieten können wir den Auftritt nicht, wir leben in einem freien Land, aber der Auftritt eines Stasi-Offiziers ist genau das, was wir hier nicht gebrauchen können", fasst Andreas Geisel das Dilemma des Bezirksamtes zusammen. Erst auf einem Flyer haben er und Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (PDS) von dem "Höhepunkt" der Veranstaltung erfahren.

Eckhard Petersohn hingegen beklagt sich, dass noch keiner vom Bezirksamt mit ihm gesprochen habe. Gegenüber tagesspiegel.de kritisiert er den "ökonomischen Druck", der gegen ihn aufgebaut werden soll. Auf öffentliche Gelder sei er aber nicht angewiesen und habe auch nie welche erhalten, betont er. Der Lichtenberger CDU wirft er den Versuch einer Zensur vor, diese wolle die Bezirksbürgermeisterin diskreditieren. Christina Emmerich habe jedoch nichts mit der Sache zu tun, so Petersohn weiter.

"Werner Großmann wird zusammen mit acht anderen Autoren beim Fennpfuhlfest in Lichtenberg auftreten und sich der Öffentlichkeit stellen", so der Buchhändler. Auch er sei ein Aspekt der DDR-Geschichte. "Jeder ist dazu eingeladen, mit dem ehemaligen Stasi-Chef zu kritisch zu diskutieren" - "in der DDR hatten wir Zensur, ich hoffe, dass das jetzt anders ist", sagt Eckhard Petersohn.

Kritik an der Bürgermeisterin

Unterdessen fordert die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) den Rücktritt der Lichtenberger Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linke). Es sei "nicht hinnehmbar, dass die Linke-Politikerin mit dem ehemaligen Stasi-General Großmann indirekt zusammenarbeitet", sagte VOS-Sprecher Ronald Lässig.

"Sicher ist nicht davon auszugehen, dass Herr Großmann wegen der Stasi-Verbrechen Entschuldigungsschreiben an die Bevölkerung signiert", sagte Lässig. Frau Emmrich mache "den Bock zum Gärtner und sollte besser zurücktreten", fügte Lässig hinzu. "Wer die Diktatur verherrlicht, ist als Verantwortungsträger im demokratischen Rechtsstaat ungeeignet."

Emmrich habe offenbar nichts aus alten Fehlern gelernt. Bei einer Veranstaltung im Frühjahr 2006 habe sie geschwiegen, als Ex-Stasi-Offiziere die Verbrechen des DDR-Geheimdienstes verharmlosten und Opfer verhöhnten. Ihr Verhalten sei "unverantwortlich, eine Schande für alle Opfer der DDR-Diktatur und auf das Schärfste zu kritisieren", meint der SPD-Abgeordnete Andreas Köhler. Die Bürgermeisterin ist weiter für kein Kommentar zu sprechen und lädt für den morgigen Freitag zu einer Aussprache ins Rathaus.

Michael Stürzenhofecker

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