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© ProSieben

Fernsehen: Albtraum im Ferienflieger

Sekten, Bomben, Meteoriten: Berlin droht die nächste Fernsehkatastrophe – diesmal in "Crashpoint – 90 Minuten bis zum Absturz".

Den 21. Dezember 2012 sollte man sich im Terminkalender rot markieren – oder besser noch schwarz. An diesem Tag droht uns nicht weniger als: das Ende der Welt. Jedenfalls haben die Maya bei ihrer Sternenguckerei herausgefunden, dass es dann zum kosmische Mega-Gau kommt – so der Ausgangspunkt des im November startenden Katastrophen-Kinofilms „2012“ von Roland Emmerich. Zwar ist aus den Vorinformationen noch nicht herauszufiltern, ob auch Berlin sichtbar atomisiert wird – die Aussichten sind aber auch so trübe genug, zumal Emmerich die Stadt schon früher im Visier hatte, die Einladungskarte zur Berliner Premiere von „Independence Day“ 1996 war Warnung genug: Vorne drauf ein Ufo über New York, doch beim Aufklappen schwebte es bedrohlich überm Brandenburger Tor.

Verglichen mit solch interplanetaren Attacken hält der Fernsehsender Pro 7 an diesem Montagabend nur gelinden Schrecken bereit: „Crashpoint – 90 Minuten bis zum Absturz“. Schon mehrfach hatte er in seinen Filmen, so wie andere Sender auch, unsere kleine Stadt an der Spree mit Tod und Verderben überzogen, und nun ist es wieder einmal so weit: Alles beginnt am Flughafen Nizza. Als der Ferienflieger abhebt, wird er von einer Propellermaschine gestreift. Großes Chaos, die Passagiere werden aus ihren Sitzen geschüttelt, verletzen sich zum Teil schwer. Viele kleine Dramen spielen sich ab: Tod und Leben, Liebe und Hass, Freundschaft oder Hilfe in der Not – nichts lässt der Film aus. Die gescheiterte Medizinstudentin Nina (Bernadette Heerwagen) rettet Leben, der Kopilot (Max von Pufendorf) und die Stewardess Mira (Julia Hartmann) kommen sich näher, der zunächst von einer Gruppe cooler Jungs gehänselte, dicke Typ entpuppt sich als Ingenieur. Gemeinsam mit einem kleinen Jungen wird er zum Helden.

Das passiert erst ganz zum Schluss. Vorher bekommt der Streifen noch eine politische Komponente: Die Maschine ist durch den Zusammenprall dermaßen beschädigt, dass die Piloten sie nicht mehr steuern können. Sie nähert sich Deutschland, droht, mitten in Berlin in eine Massenveranstaltung zu stürzen. Die Regierung wird eingeschaltet, die Maschine soll abgeschossen werden. Was seien schon 85 Passagiere nebst Besatzung gegenüber zehntausenden Opfern.

Doch so spannend der Film in einigen Sequenzen auch ist, genauso strapaziert er an anderen Stellen die Geduld der Zuschauer, indem er sich unnötig in die Länge zieht. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Regie von Thomas Jauch und das Drehbuch von Marc Hillefeld und Bettina Platz den Erzählstrang in zu viele kleine Geschichten aufdröseln, zu Lasten des Nervenkitzels.

Dennoch, „Crashpoint“ reiht sich ein in eine ganze Reihe von Katastrophenfilmen mit Handlungsort Berlin, die in jüngerer Vergangenheit im Fernsehen zu sehen waren. In den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg war das undenkbar, zu präsent war die Erinnerung an die Bombennächte. Aliens brauchte man hier nicht, die Zerstörung der Stadt hatten die Menschen alleine geschafft.

Ein längst überholtes Tabu: Ebenfalls bei Pro 7 lief im Mai 2007 „Das Inferno – Flammen über Berlin“, im Mittelpunkt stand ein Großfeuer in der Kugel des Fernsehturms. Das Schielen nach Hollywood war selbst im Titel erkennbar: „Flammendes Inferno“ hieß ein erfolgreicher US-Film von 1974. Ein halbes Jahr zuvor hatte derselbe Sender einen gigantischen Sturm durch die Stadt geschickt: „Tornado – Der Zorn des Himmels“. Auch dieses Thema war Hollywood-erprobt, 1996 kam von dort „Twister“. Die BBC ließ 2005 in „End Day“ Meteoriten auf Berlin herabregnen, RTL drei Jahre zuvor das Brandenburger Tor und Umgebung total einschneien.

Auch menschliche Finsterlinge bedrohten wiederholt die Existenz der Stadt: So enterten im Frühjahr 2007 islamistische Terroristen das Westin Grand in der Friedrichstraße, Auftakt zur Sat-1-Serie „GSG 9“. Und 1999 wurde Armin Rohde von Pro 7 in „Apokalypso“ als Bombenentschärfer an den Potsdamer Platz gerufen: Eine Sekte wollte mit dort und an sechs weiteren Orten versteckten Sprengsätzen dem Weltuntergang auf die Sprünge helfen. Es misslang.

„Crashpoint – 90 Minuten bis zum Absturz“, Pro 7, Montag, 20.15 Uhr.

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