zum Hauptinhalt
Silberschatz

© Heinrich

Friedrichstraße: Keine Spur vom Silberschatz

Bagger gruben am Montag an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte nach dem Besteck des legendären "Franziskaners" - vergeblich. Der 84-jährige Theodor Barthels hatte behauptet, 1945 in den letzten Wochen des Krieges 25.000 Besteckteile dort in Sicherheit gebracht zu haben.

Liegt an der Friedrichstraße ein echter Silberschatz? Das komplette Besteck des früheren Restaurants „Franziskaner“? Gestern sollte das Geheimnis um die Antiquitäten gelüftet werden. Jahrzehnte musste der 84-jährige Theodor Barthels auf diesen Moment warten: Der grauhaarige Herr aus Steglitz ist der Sohn von Ernst Barthels, dem der größte Berliner Bierpalast in der einstigen Amüsiermeile rund um den Bahnhof Friedrichstraße gehörte. Und Vater soll, so der Sohn, in den letzten Wochen des Krieges sage und schreibe 25 000 einzelne Besteckteile, Messer, Gabeln, dazu Suppenkellen, Kerzenleuchter, Tabletts, jede Menge Serviettenringe sowie Gemälde und Teppiche in einen als bombensicher geltenden, tiefen Keller unter dem Lokal gebracht haben. Bei der Aktion Silberschatz hätten Köche und Kellner geholfen.

Am 3. Februar 1945 wurde das 2000-Plätze-Restaurant bei einem der schwersten Luftangriffe auf Berlin von Bomben getroffen, der Keller verschüttet. Theodor Barthels Vater wurde 1945 von Rotarmisten verhaftet und nach Sachsenhausen gebracht – zwei Jahre später erhielt die Familie die Nachricht vom Tod Ernst Barthels. Wenn später der Sohn zum einstigen „Franziskaner“ fuhr, dann sah er nur einen großen Trümmerberg auf dem Hof und einen Teil des Lokals in den S-Bahnbögen an der Georgenstraße. 1967 wurde es geschlossen, die Mitropa nutzte die Räume, in denen später in einem „Intershop“ begehrte Waren gegen Westgeld verkauft wurden.

Nach der Wende zieht die „Nolle“ hier ein, ein rustikales Bierlokal, dessen Speisenangebot und Interieur an den „Franziskaner“ erinnern. In diesen Tagen begannen quasi auf dem Hinterhof der Nolle, zwischen S-Bahn und Admiralspalast, die Arbeiten für den 80 Millionen Euro teuren Neubau eines Hotels („Eurostars“), und gestern kam auf dem Hof der Friedrichstraße 100 der große Moment: Der Bagger reißt ein Loch auf, und siehe: Da unten ist ein großes, leeres silberloses Nichts. Theodor Barthels trägt diesen Anblick mit Fassung, es hätte ja auch an ein Wunder gegrenzt, wenn in den Nachkriegswirren solch wertvolle Schwarzmarktware wie echtes Silber zentnerweise unentdeckt geblieben wäre. Und dass die Sieger damals in jedem Restaurant-Keller Wodka oder andere Alkoholitäten vermuteten, ist ja hinlänglich bekannt – das „Adlon“ wurde 1945 wahrscheinlich nach der Plünderung des Weinkellers und wegen einer dort weggeworfenen Kippe ein Opfer der Flammen.

Die Bauarbeiter der Firma Brückner-Grundbau, die jetzt 18 Meter tiefe Spundwände parallel zur S-Bahn-Trasse anlegen und dann die Baugrube ausheben, haben nicht den kleinsten Mokkalöffel gefunden, der Keller sei „vollkommen clean“. „Det Zeuch is doch längst verscheuert oder jeklaut“, vermutet einer, „allet nur noch Schutt“.

Zur Startseite