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© Uwe Steinert

Fußball: Die Töchter fiebern mit der alten Dame

Die Frauen des 1. FC Lübars kicken für Hertha BSC. Den Herren drücken sie beim Finale die Daumen.

Von Katrin Schulze

Die Ansage sitzt. „Hintern raus, abschirmen, fertig!“, ruft Jens Kohnke den jungen Frauen zu, die um ihn herum mächtig ins Schwitzen geraten. Der Sportplatz, auf dem er steht, ist klein und beschaulich, das Vereinsheim ziemlich betagt. Doch der knallrote Pullover des Trainers lässt sofort erkennen, zu welchem Verein er gehört: Auf der Brust prangt das Wappen von Hertha BSC. Die „alte Dame“, wie der Klub genannt wird, hat im gehobenen Alter Zuwachs bekommen und der ist weiblich. Die Mädels des 1. FC Lübars repräsentieren sozusagen die Frauenabteilung des Vereins. Seit Februar kooperiert Hertha mit dem Klub. Und das, obwohl der Erstligist aus Charlottenburg „anfangs gar nicht richtig wusste, was im Frauenfußball eigentlich los ist“, erzählt Kohnke. „Und nun unterstützt uns Hertha, wo sie nur können.“ In Szeneforen berichten Fans über die Frauenspiele, so mancher Anhänger hat sich mit Hertha-Schal am Sportplatz blicken lassen. Und das Fernsehen war auch schon da.

Dreimal in der Woche coacht der 45-Jährige die erste Frauenmannschaft des 1. FC Lübars. Deren Spielerinnen sind zwischen 18 und 30 Jahre alt, viele gehen noch zur Schule, andere machen eine Ausbildung oder arbeiten schon. Eines verbindet alle. „Jedes Mädchen identifiziert sich mit unserem Partner“, sagt der Trainer. Mittlerweile bestreiten die Frauen ihre Spiele in der Regionalliga auch nicht mehr in grün-gelben Trikots, sondern in Blau-Weiß. Wie Hertha eben.

„Es ist schon was Besonderes, mit Herthas Unterstützung zu spielen“, findet Saskia Linke. Die 18 Jahre alte Abiturientin kickt seit drei Jahren für Lübars und ist, natürlich, Hertha-Fan. „Ich fiebere bei jedem Spiel richtig mit“, sagt sie. So wie am vergangenen Wochenende, als die Frauen auf Einladung des Bundesligateams zum Heimspiel gegen Schalke kamen und zusammen mit Frank Zander die Fanhymne vor der Kurve singen durften. „Richtig grandios war das für die Mädels“, sagt Trainer Kohnke. „Nur das Ergebnis hat uns ein bisschen enttäuscht.“ Mit dem 0:0 haben die Berliner schließlich die Chance auf die erste Meisterschaft seit 78 Jahren verspielt. Vorbei, vergessen. Nun kommt das große Bundesliga-Finale am Sonnabend. Und wenn Hertha in Karlsruhe um einen Champions- League-Platz kämpft, drücken die Spielerinnen in einer Bar in Reinickendorf die Daumen. Insgeheim hofft der Trainer, ein klein wenig von dem vielen Geld abzubekommen, das Hertha im europäischen Wettbewerb erwirtschaften würde. Es geht immerhin um 15 Millionen Euro. Sollten die Herren siegen, werden sie nach dem Rückflug in der Nacht im Europacenter tanzen, die „Puro“-Lounge ist längst reserviert. Die Frauen allerdings dürfen nicht mitfeiern: Sie haben am Tag danach selber ihr letztes Saisonspiel. Gegen Neukölln. Katrin Schulze

Und die Herren zoffen sich: Mehr zum Streit um Arne Friedrich vor dem großen Saisonfinale in der Bundesliga lesen Sie hier.

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