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Stadtleben: Geschichte im Herzen

Der Bundespräsident verlieh den Nationalpreis 2007 Netzwerk für junge Europäer ausgezeichnet

Die intensive Beschäftigung mit den eigenen Ahnen kann unter Umständen komplizierte Folgen haben.So jedenfalls empfand es die 22-jährige Schweizer Studentin Andrea Buchschacher, als sie gestern bei der Verleihung des Nationalpreises 2007 in der Französischen Friedrichstadtkirche ans Rednerpult musste. Noch nie habe sie vor solchem Publikum eine Rede gehalten, erst recht nicht „nach der Laudatio eines leibhaftigen Staatsoberhauptes“. Da lächelte nicht nur Horst Köhler. Auch der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Richard Schröder, Richard von Weizsäcker, Gesine Schwan, Christina Rau, Kurt Biedenkopf, Jacques Delors, Wolfgang Tiefensee und viele andere Würdenträger, die dort versammelt waren, applaudierten der Preisträgerin aufmunternd zu, die zuvor als Repräsentantin von Eustory, dem Geschichtsnetzwerk für junge Europäer, den Preis stellvertretend entgegengenommen hatte. „Eustory fördert grenzüberschreitende Dialoge der Preisträger nationaler Geschichtswettbewerbe. Die Jugendlichen erfahren die Geschichte ihres Landes und den Respekt vor der Geschichte anderer Länder“, heißt es in der Verleihungsurkunde. Einige Bilder im Album der Großeltern gaben die Initialzündung für das historische Interesse der Schweizerin, später befasste sie sich mit dem Schicksal von Familienmitgliedern, die aus der Schweiz ausgewandert sind.

Richard Schröder erinnerte daran, wie der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann 1973 die Schuljugend zu einem Geschichtswettbewerb aufgerufen habe, und wie das Beispiel 1995 in Polen aufgegriffen worden sei. Heute gibt es die Wettbewerbe in 19 Ländern.

In der Schweiz war Andrea Buchschacher 2005 die Erstpreisträgerin, und sie beschrieb der versammelten Festgemeinde anschaulich, wie die authentischen Geschichten von Menschen, die man sich innerhalb des Netzwerkes erzähle, „Grenzen in unseren Herzen und Köpfen abbauen“.

Seit 14 Jahren gibt es den unter anderem von Helmut Schmidt und dem Unternehmer Michael Otto gegründeten Preis. Der Bundespräsident hob in seiner Festrede hervor, wie viel dieser Preis dafür getan habe, „dass die Menschen in Ost und West die deutsche Einigung auch mit dem Herzen erleben konnten“. Spätestens der Sommer des vergangenen Jahres habe gezeigt, dass es in unserem Land ein Nationalgefühl gebe, das „geprägt ist von Verantwortung und von Liebe zu Deutschland“. Dass der diesjährige Preisträger international ausgerichtet sei, spreche für das gute Gespür der Stiftung. Die Jugendlichen empfänden es als „packend und bereichernd“, sich miteinander auseinanderzusetzen“. Dem politischen Projekt Europa müsse jetzt wieder neue Dynamik gegeben werden, sagte Köhler weiter. „Denn die Zukunft mitgestalten kann nur eine Union, die ’in guter Verfassung’ ist“.

Mit „Solweigs Lied“ und der „Ode an die Freude“ gab das Trio Neuklang der Feierstunde einen aparten musikalischen Akzent. Anschließend traf man sich zum Empfang vor der Kirche, und die Touristen aus vielen Ländern Europas knipsten die Würdenträger von jenseits der Absperrungen. Elisabeth Binder

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