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Feuchtgebiete

© Kleist-Heinrich

Halle: "Feuchtgebiete“ auf der Bühne

Zwei Berlinerinnen bringen den Bestseller "Feuchtgebiete“ auf die Theaterbühne. Die ersten Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Dabei dürfen sich Zuschauer auch auf pornographische Texte einstellen.

Hunderttausende haben sich vor diesem Buch schon geekelt. Bei einer Lesung in Berlin sind zwei Zuhörer in Ohnmacht gefallen. Christina Friedrich könnte das nicht passieren. Sie findet das Werk „fröhlich, radikal und überraschend“. Und kein bisschen widerlich, sagt sie.

Sonst wäre Christina Friedrich wohl auch die Falsche für das, was sie in den nächsten Wochen vorhat: Die freie Regisseurin aus Berlin will Charlotte Roches Bestseller „Feuchtgebiete“ auf die Theaterbühne bringen. Nicht hier, sondern am Neuen Theater in Halle. Die Idee hatten die dortigen Theatermacher, und neben Friedrich wird auch die Berliner Dramaturgin Maria Linke bei der Inszenierung helfen. Den Roman, der hauptsächlich von den Erlebnissen einer jungen Frau mit ihren Körperflüssigkeiten und -öffnungen handelt, kannte Christina Friedrich schon, bevor das Theater sie ansprach. Ihre Schwester hatte ihn ihr geschenkt, und Friedrich mochte die Geschichten über Hämorrhoiden, Analduschen, gefährliche Intimrasuren und Eiterbeulen.

Die Uraufführung findet am 27. September statt. „Die Premiere und die erste Vorstellung sind bereits ausverkauft“, freut sich die Regisseurin. Bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Gemeinsam mit sieben Schauspielern hat das Berliner Duo ab dem 25. August fünf Wochen Zeit, um die Handlung des Bestsellers auf die Theaterbühne zu verlegen. „Die Zeit ist knapp, aber diese atemlose Geschwindigkeit ist genau das Richtige, um in die Radikalität der Geschichte hineinzugehen. Es ist die richtige Zeit für eine Wundenöffnung“, sagt Friedrich. Denn darum geht es der Regisseurin bei dieser Geschichte. „Die Heldin reißt ihre Wunde auf, um durch Schmerz an Liebe zu kommen. Das hat mich an dem Stoff gereizt.“ Schockeffekte sind bei der Theateraufführung zwar nicht geplant, Ohnmachtsanfälle im Publikum wollen Linke und Friedrich trotzdem nicht ausschließen. „Der Ekel entsteht im Auge des Betrachters“, meint Friedrich.

Wie das Stück im Einzelnen aussehen wird, kann Christina Friedrich noch nicht genau sagen. Das werde sich erst gemeinsam mit den Schauspielern während der Proben in einer Art „Körperwerkstatt“ herausstellen. Einige Elemente stehen aber schon fest. Das Stück wird musikalisch. „Schließlich produzieren Sex und Körper auch Musik“, sagt Friedrich und lacht. Die Schauspieler werden Choräle anstimmen, deren Texte aus einer pornographischen und anatomischen Sprache bestehen werden. Die Zeilen dazu fand Friedrichs Team im Internet: Sie gaben einfach die Namen von Körperteilen in Suchmaschinen ein und schauten, was dabei herauskam.

Die Bühnendekoration ist noch ein Geheimnis. Nur soviel: Es wird „ein schöner Dschungel sein und die Kostüme werden aus Haut und Haar bestehen und weiß sein“. Friedrich, die selbst Schriftstellerin ist und deren Debütroman „Morgen muss ich fort von hier“ diesen Monat erscheint, hat Charlotte Roche vor Jahren persönlich kennengelernt. Für die Theateraufführung wird es allerdings keine Besprechung mit und keine Vorgaben der Autorin geben.

„Die Rechte sind uns vom Dumont-Verlag anvertraut worden. Wir haben die absolute Freiheit, mit der Romanfigur in jede Landschaft zu gehen.“ Normalerweise gibt es viele Auflagen bei einer Uraufführung, sagt Linke. „Die haben wir jetzt nicht.“

Sollte die Aufführung in Halle ein Erfolg werden, könnte Friedrich das Stück auch in anderen deutschen Städten aufführen, vielleicht sogar in Berlin. Hier hat sie schon am Maxim Gorki Theater inszeniert. Einige Häuser haben bereits Interesse signalisiert, sagt sie.

Mehr Infos im Internet:

www.kulturinsel-halle.de

Jessica Fischer

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