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Bethanienhaus

© ddp

Hausbesetzerszene: Burgfrieden in Bethanien

Die Besetzer leben seit rund zweieinhalb Jahren im Südflügel des ehemaligen Krankenhauses, machen Politik und organisieren Kulturprojekte. Jetzt will ihnen die Politik für den Südflügel des großen Backsteingebäudes Gewerbemietverträge anbieten. Die Besetzer akzeptieren den Kompromiss nur widerwillig.

Nur die Politiker sind zufrieden mit der Entwicklung um Bethanien – die Besetzer und ihre Mitstreiter von der Initiative Zukunft Bethanien (IZB) sind es offenbar nicht. Am Mittwochabend hatten die Bezirksverordneten von Friedrichshain- Kreuzberg beschlossen, den Besetzern für den Südflügel des großen Backsteingebäudes Gewerbemietverträge anzubieten. Nun erklärt die Initiative Zukunft Bethanien, sie lehne diesen Beschluss ab. Das bedeutet aber nicht, dass die Suche nach einem Kompromiss in dem Gebäude am Mariannenplatz weitergehen muss: Mietverträge zwischen den Noch-Besetzern des Südflügels und dem neuen Träger des Hauses, der Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE), wird es wohl trotzdem geben. Die Ablehnung des Beschlusses und das Sich-Einlassen auf die neue Lage gehen für die Leute von der Initiative durchaus zusammen. In und um Bethanien sind die Dinge manchmal etwas komplizierter.

Legalisierung zu günstigen Konditionen – damit könnte man den Inhalt des BVV-Beschlusses zusammenfassen. Die Besetzer, die seit rund zweieinhalb Jahren im Südflügel des ehemaligen Krankenhauses leben, Politik machen und Kulturprojekte für spezielle Kreuzberger Interessengruppen organisieren, werden Verträge für bestimmte Räume im Südflügel bekommen. Rund sechs Euro pro Quadratmeter werden sie dafür an die Gesellschaft für Stadtentwicklung bezahlen müssen, die die Verwaltung der Immobilie übernimmt. „Die werden wie ganz normale Gewerbemieter behandelt“, sagt Bürgermeister Franz Schulz (Grüne).

Schulz erwartet, dass die Besetzer solche Verträge wollen. Noch gibt es keine Verhandlungen zwischen denen, die im Südflügel leben und arbeiten, und der GSE – das wird wohl noch etwas dauern. Doch die Idee, den Besetzern Verträge anzubieten, um sie herauswerfen zu können, wenn sie mit der Miete in Verzug geraten, steckt offenbar nicht dahinter: Dieter Ruhnke von der GSE erinnert an den Zweck der gemeinnützigen Gesellschaft für Stadtentwicklung: Sie soll Projekte so managen, dass auch Gruppen aus der Subkultur, Initiativen von der Art der IZB, Räume finden. Wenn das Bezirksamt jemanden brauche, der die Besetzer herauswerfe, „dann müssen sie sich einen suchen“, sagt Ruhnke.

Die Politik ließ sich von den Besetzern vorführen

Die Kritik der Initiative am BVV-Beschluss hat einen anderen Grund, und der hängt mit dem „selbstverwalteten offenen interkulturellen AnwohnerInnenforum“ zusammen. Das „soFa“ genannte Forum in Bethanien war bislang durch den Haupteingang zu erreichen.

Der Kompromiss sieht nun vor, dass Anhänger der Sozialkultur im Südflügel untergebracht werden. Damit soll der Konflikt entschärft werden, mit dem sich die Kreuzberg-Friedrichshainer Politik so lange so schwer tat: Von den Besetzern ließ sie sich vorführen, weil man in Kreuzberg keine Häuser räumt und niemanden hinauswirft – diejenigen aber, die in Bethanien für die künstlerische Kultur standen und stehen, die Leute vom Künstlerhaus, von der Druckwerkstatt, von der Musikschule, lässt man weiter Miete zahlen. In Zukunft will man die etablierte von der Subkultur trennen, das Haupthaus ist ersterer vorbehalten. Deshalb müssen die „soFa“-Leute umziehen.

Eine Sprecherin der Initiative sagt, dieser Kompromiss beschreibe das Verständnis der Bezirkspolitiker von gesellschaftlicher „Teilhabe“. In der jüngsten Erklärung der IZB heißt es, der Kompromissbeschluss sei kein Ergebnis des Runden Tisches – der war entstanden, nachdem ein Bürgerbegehren den Bezirk am Verkauf von Bethanien gehindert hatte. Die Besetzer sind offenbar nicht wirklich zufrieden. Werner van Bebber

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