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© Doris Spiekermann-Klaas

Hostels: Großes Bett für kleines Geld

Berlin ist beliebt bei jungen Touristen, die billig übernachten wollen. In Mitte eröffnet heute das "Easyhotel" – eine von vielen günstigen Herbergen.

Die Dusche ist vom Bett nicht mal einen Katzensprung entfernt, vorausgesetzt es handelt sich um eine kleine Katze, denn eine große könnte zum Sprung gar nicht erst ansetzen. Die Zimmer im neuen „Easyhotel“ sind maximal zehn Quadratmeter groß, Tisch und Schrank sucht man hier vergeblich, Dusche und Bett sind lediglich durch eine Glaswand voneinander getrennt. Das Gute an der minimalistischen Einrichtung ist ihr minimalistischer Preis: Wer früh genug bucht, zahlt gerade mal 20,10 Euro für eine Übernachtung.

Heute eröffnet Deutschlands erstes „Easyhotel“ am Rosenthaler Platz in Mitte. In London, Bulgarien, Zypern, Ungarn und der Schweiz ist das Unternehmen bereits vertreten. Dass nun Berlin als neuer Standort hinzukommt, wundert nicht: Gerade bei jungen Touristen gilt die deutsche Hauptstadt als Trendmetropole, Wochenende für Wochenende kommen hunderte feierlustiger Gäste aus dem Ausland, um Clubs wie das Berghain oder das Weekend zu besuchen. Die meisten von ihnen reisen in sogenannten Billigfliegern wie Easyjet oder Ryanair an, für sie hat sich eine eigene Bezeichnung eingebürgert: Easy-Jet-Set. Dass dieser Easy-Jet-Set nun sein eigenes Hotel bekommt, ist nur konsequent.

Budgethotels heißen solche Häuser in der Branche, aber Christian Tänzler von Berlin Tourismus Marketing (BTM) hat mit dieser Bezeichnung ein Problem. Was genau ein Budgethotel ist und was nicht, ist nicht exakt definiert: „Heute gibt es schon Designhotels zu sehr günstigen Preisen.“ Im „Motel One“ hinterm Alexanderplatz zum Beispiel kann man bereits ab 49 Euro übernachten, ohne in Sachen Komfort oder Stil Abstriche machen zu müssen. Stiftung Warentest untersuchte vor einem Jahr deutschlandweit 14 Billig-Herbergen, die Hälfte – darunter auch „Motel One“ – schnitt gut ab.

Durchschnittlich 197 Euro gibt ein Tourist in Berlin pro Tag aus, die Kosten für die Unterkunft inklusive. 8,3 Millionen Besucher kamen im vergangenen Jahr in die Stadt, die BTM verzeichnete 18,9 Millionen Übernachtungen, was einem Anstieg von mehr als sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. „Berlin bietet ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist deshalb sehr beliebt“, sagt BTM-Sprecher Christian Tänzler. Gerade bei den jungen Besuchern, die einen Großteil der Gäste ausmachen: 50 Prozent sind jünger als 40 Jahre, ein Drittel sogar jünger als 30. „Das sind potenzielle Stammkunden.“

Das Durchschnittsalter der Besucher des „Circus“-Hostels am Rosenthaler Platz liegt sogar noch ein bisschen drunter, bei 23 Jahren. Seit 2001 ist das Hostel mit seinen 250 Betten in dem Gründerzeitbau am Weinbergsweg untergebracht. Hier bekommt man schon für 19 Euro pro Nacht ein Bett in einem Mehrbettzimmer. Zur Zeit finden in dem Haus umfassende Umbauarbeiten statt, eine Million Euro fließen in klimafreundliche Heiztechnik und neue Ausstattung. Eine Innenarchitektin richtet die Zimmer in einem Mix aus Ikea und eigens angefertigten Möbeln ein – Ende des Monats wird im „Circus“ Wiedereröffnung gefeiert. Dass in unmittelbarer Nähe nun Konkurrenz in Form des „Easyhotels“ oder des derzeit noch im Bau befindlichen „All Seasons“-Hotels droht, sieht Gesellschafter Tilman Hierath gelassen. „Dadurch wird der Hotelstandort gestärkt und das Areal um den Rosenthaler Platz wird attraktiver, gerade für Gäste ohne Reservierung.“

Auch BTM-Sprecher Christian Tänzler hält die Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs für gering: „Die meisten Häuser haben einen sehr speziellen Charakter und sprechen dadurch ein sehr spezielles Publikum an.“ Das „Ostel“ am Ostbahnhof etwa ist mit DDR-Design eingerichtet, eine Übernachtung gibt es hier bereits ab neun Euro, dafür wachen in den Zimmern Bilder von Walter Ulbricht oder Erich Honecker über den Schlaf der Gäste. Wesentlich mehr Glamour bekommt man für sein Geld in der „Rock ’n’ Roll Herberge“ an der Muskauer Straße in Kreuzberg. Hier zieren Musiker wie Joe Strummer von The Clash oder Falco die Wände; übernachten kann man ab 34 Euro. Und auch wer einen besonders ausgefallenen Schlafplatz sucht, wird fündig: Im „Propeller Island“ in der Albrecht-Achilles-Straße in der Nähe vom Ku’damm kann man in Zellen, Särgen oder Löwenkäfigen übernachten, das günstigste Zimmer hier kostet 69 Euro.

Gerade junge Touristen bevorzugen jedoch den Osten der Stadt, sagt Christian Tänzler. Wegen der vielen Clubs und Bars. Ein Trend, den Tilman Hierath vom gut gebuchten „Circus“-Hostel bestätigt. Vor anderthalb Jahren eröffnete das Unternehmen ein zweites Haus, gleich schräg gegenüber, in der Rosenthaler Straße. Mit Zimmern ab 69 Euro. Hier liegt das Durchschnittsalter der Gäste höher. Weil die Backpacker, die bis vor kurzem noch im Hostel abgestiegen sind, älter geworden sind und etwas mehr Komfort und Luxus erwarten. Und dafür auch bereit sind, mehr Geld auszugeben.

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