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Stadtleben: Im U-Bahnhof Adenauerplatz ist Musike drin BVG startet Versuch mit Klassik-Beschallung

Irgendetwas klimpert leise vor sich hin im Zwischengeschoss des U-Bahnhofs Adenauerplatz an der U 7, wo sich ein Dutzend Geschäfte in der Ladenzeile angesiedelt hat. Man erahnt eine Klavierpassage, dann sind Streicher zu vernehmen.

Irgendetwas klimpert leise vor sich hin im Zwischengeschoss des U-Bahnhofs Adenauerplatz an der U 7, wo sich ein Dutzend Geschäfte in der Ladenzeile angesiedelt hat. Man erahnt eine Klavierpassage, dann sind Streicher zu vernehmen. Das Meiste aber geht unter im Geräuschpegel des verkehrsreichen Bahnhofs. Trotzdem erhoffen sich die BVG und ihre für Vermietungen zuständige Tochterfirma Urbanis einen Effekt: Getestet wird, „ob die Beschallung die Atmosphäre im U-Bahnhof positiv beeinflusst“.

Bei früheren – offiziell inzwischen verworfenen – Planungen ging es vor allem darum, Drogendealer und andere unerwünschte Dauergäste zu vergraulen. Ursprünglich war die einschlägig berüchtigte U 8 auserkoren. Die Stadtentwicklungsverwaltung hatte eingewandt, dass Sehbehinderte durch Nebengeräusche auf dem Bahnsteig gefährdet werden könnten. Der zweimonatige Test wird daher aufs Zwischengeschoss beschränkt. So ist auch bei der Hamburger Hochbahn üblich, die seit Jahren einige Bahnhöfe mit klassischer Musik beschallt.

Im U-Bahnhof Adenauerplatz läuft der Versuch offiziell seit Freitag, doch gab es anscheinend zuvor schon einen Soundcheck: „In der vorigen Woche war es viel zu laut“, sagt ein Ladenbetreiber. Dem Backshop in der Nähe blieben nach seiner Beobachtung „die Kunden weg“, an den Bistrotischen habe kaum jemand verweilt. Nach Händlerbeschwerden wurde die Musik erst einmal abgestellt – nun läuft sie sehr viel leiser.

„Eigentlich mag ich Klassik, aber den ganzen Tag lang nervt es“, sagt die Betreiberin eines Coffeeshops. Im Zeitungsladen ist die Chefin froh, dass die Musik jetzt „nicht mehr so penetrant“ sei. Vielleicht könnten wirklich Drogendealer oder Alkoholiker vertrieben werden, doch das sei nicht ihr Hauptproblem: „Wir wurden in diesem Jahr schon zwei Mal überfallen – und Räuber lassen sich durch Klassik sicher nicht abschrecken.“ Der Zeitungsladen ist videoüberwacht.

Am Freitagnachmittag hasteten nur Fahrgäste durch die kleine Rotunde des Zwischengeschosses, manchmal aber sollen an den Säulen auch unerwünschte Besucher lehnen. „Das geht erst abends richtig los“, sagen Verkäuferinnen des Backshops. Die Drogenszene gebe es vereinzelt noch, sagen die Händler, viele Dealer seien aber durch Polizeieinsätze vertrieben worden. Was die Fahrgäste von der Musik halten, muss sich erst noch zeigen. Manche sagten auf Nachfrage, sie hätten gar nichts gehört.

Der türkische Obsthändler bevorzugt türkische Lieder aus der eigenen Musikanlage. Die Beschallung der Passage ist ihm trotzdem recht, denn er sah schon die Auswirkungen auf drei unliebsame Gäste: „Die riefen ,Scheiße’ und liefen weg.“

Die BVG bevorzugt nach Auskunft ihres Sprechers Klaus Wazlak einen „Klangteppich aus leichter und vielfältiger Klassik“. Also nicht immer dasselbe und eher Mozart als Wagner. Und im Advent könnten auch mal Weihnachtslieder erklingen. CD/obs

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