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Internet-Theater: Dramen auf Knopfdruck

Intendant im Internet: Das Berliner Logentheater des Schauspielers Johannes Brandrup ist die erste digitale Bühne im Netz.

Der Vorhang geht auf und der Mann in lila zieht seinen Zylinder mit einer tiefen Verbeugung. Und alles nur, weil Johannes Brandrup eine Bewegung mit der Maus gemacht hat. Brandrup sitzt in einem Café in Mitte und hat ein Theater auf den Knien. Nun ja, eigentlich ist es nur ein gewöhnlicher Laptop.

Sein jungenhaftes Gesicht kennt man aus Fernsehserien wie „Alarm für Cobra 11“ , „Polizeiruf 110“ und „Tatort“. Aber der 42-jährige ist auch der Gründer des ersten Internet-Theaters. Der lila Zylindermann ist Teil der Website. Nicht nur Brandrup kann ihn mit der Maus hin- und herdirigieren, sondern jeder Besucher im Berliner Logentheater, wie Brandrup es getauft hat. „Interaktion ist die Zukunft der Unterhaltung“, sagt Brandrup und guckt dabei wie ein stolzer Vater, der die ersten Schritte seines Sprößlings beobachtet. Schließlich seien Computerspiele heute erfolgreicher als Filme.

Noch ist die Internetseite im Aufbau, aber es ist schon viel zu sehen: Nach dem interaktiven „Vorspiel“ gelangt man per Mausklick zu einer Hausfassade. Klickt man auf eins der Fenster, öffnen sich Szenen aus Theaterstücken, etwa aus einer Inszenierung des Kleist-Dramas „Penthesilea“ an der Schaubühne. „Es gibt endlos viele Fenster“, sagt Brandrup und nippt an seinem Kaffee. Aber viele warten noch auf ihre Füllung.

Hinter einem weiteren finden Zuschauer Szenen aus dem südafrikanischen Theaterstück „Blodknot“ über ein schwarz-weißes Brüderpaar, mit Brandrup in einer der Hauptrollen. Mit diesem Stück fing eigentlich alles an. Denn einer der Orte, an dem es aufgeführt wurde, gab den Namen für das Projekt. Ab und zu kehrt Brandrup an diesen Ort zurück, in ein altes Haus an der Linienstraße in Mitte, dort wo sie in die Oranienburger übergeht. Heute ist dort der „Dada-Falafel“-Imbiss und daneben wird gerade das Galeriecafé „Derdasdie“ eröffnet. Brandrup geht in die hinterste Ecke des Raums und zeigt auf eine Treppe. „Dort ging es früher zum Elsässischen Logentheater hoch.“ Aber von dem ist seit dem Zweiten Weltkrieg nichts mehr übrig – außer der Treppe, an deren Fuß Brandrup in „Blodknot“ gespielt hat. In einem winzigen Raum, den es inzwischen nicht mehr gibt.

Salah Azizeaz hat nämlich für sein neues Galeriecafé umgebaut. Azizeaz, der auch den Imbiss betreibt, war damals Initiator des Minitheaters. Der 54-jährige ehemalige Schauspieler und Brandrup sind alte Bekannte. Und irgendwie ist auch Azizeaz Teil des „Netzwerks“, von dem Brandrup immer wieder spricht. Es ersetzt ein Ensemble und Brandrup sorgt dafür, dass es immer größer wird. Etwa mit dem Wettbwerb „Actors on Set“. Dafür hat er Schauspieler aus der ganzen Welt aufgerufen, in Kostümen an ihren jeweiligen Drehorten Gedichte aufzusagen. Filme davon sind im Internet zu bewundern. Als Juror für den Wettbewerb hat Brandrup den „berühmtesten Menschen, den ich kenne“, verpflichtet: Omar Sharif. Mit ihm drehte er 2005 eine TV-Bibelverfilmung : „Er war Petrus und ich Jesus.“

Vom Religionsgründer zum Gründer einer neuen Kunstform – wenn man das Internettheater so nennen will. Dabei will Brandrup doch eigentlich nur eins: In Berlin ein altmodisches Theater mit richtiger Bühne gründen. „Sobald die Internetplattform ganz fertig ist, mache ich das“, sagt er. Man glaubt es ihm sofort.

www.logentheater.de

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