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Stadtleben: Jubel unter freiem Himmel

Der Auftritt der Philharmoniker in der Waldbühne begeisterte 18 000 Besucher

Eine milde, herrliche Abendsonne. Die ersten Klänge von Beethovens Viertem Klavierkonzert in der Arena der Waldbühne - und eine großartige Stimmung. Das Open-Air-Konzert der Berliner Philharmoniker nach dem Brand in ihrer Stammspielstätte war ein klassischer „Dabei gewesen Sein ist alles“-Abend. Und am Ende des zweistündigen Konzerts brauste ein nicht enden wollender Jubel auf – für alle kleinen und großen rund 700 mitwirkenden Musiker und Sänger.

Die Veranstaltung war nicht ganz ausverkauft, aber beinahe. 18000 Besucher hörten sich Beethovens Pianowerk und nach der Pause das „Te Deum“ von Hector Berlioz an. Wobei die günstigsten Plätze ganz oben die sonnigsten waren. Der Sitzbereich direkt vor der Bühne war für jene Besucher reserviert, die ursprünglich Karten für die von Claudio Abbado dirigierten Konzerte in der Philharmonie hatten - und damit deutlich höhere Preise für ihre Tickets bezahlten als jene, die eine der 9500 zusätzlichen Karten zum Preis von 30 Euro gekauft hatten.

Das Konzert begann Punkt 19.07 Uhr mit einer Überraschung: Nicht Claudio Abbado, der erwartete Dirigent des Abends, betrat die Bühne, sondern erst einmal der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Sir Simon Rattle. Den als Anerkennung für ihren Einsatz bei den Löscharbeiten eingeladenen Berliner Feuerwehrleuten und Polizisten rief er zu: „Steht mal auf“ - und sagte dann mit herzlichen Worten Dankeschön für den engagierten Einsatz. Das Publikum dankte ebenfalls mit einem Riesenapplaus.

Dass die Arbeit der Rettungskräfte sie tief beeindruckt hatte, brachte eine Stunde vor Konzertbeginn auch Pamela Rosenberg, die Intendantin der Berliner Philharmoniker, zum Ausdruck. „Wir feiern heute ein Dankesfest“, sagte Rosenberg vor dem Glockenturm am Olympiastadion. Sie drückte dem stellvertretenden Polizeipräsidenten Gerd Neubeck und Landesbranddirektor Wilfried Gräfling die Hände. Es habe sie tief beeindruckt, wie besonnen und effektiv der Brand gelöscht worden sei. Die Philharmonie hätte viel schwereren Schaden erleiden können. Landesbranddirektor Gräfling sagte, der Einsatz an einem so symbolischen Ort sei mehr als Routine gewesen.

Die Waldbühne öffnete ihre Tore um 17 Uhr für die Besucher. Viele waren allerdings schon zeitiger angereist und hatten Sitzkissen und dicke Jacken im Gepäck. „Ich freue mich sehr aufs Konzert, die teuren Karten für eine Veranstaltung in der Philharmonie hätte ich mir nicht leisten können“, sagte der Student Jonas Golder. Da sei es für ihn auch kein Problem, eine Stunde vor dem Absperrgitter zu warten. Ein ältere Dame, die in der Schlange weiter hinten stand, sah das ganz anders: „Ich habe mir überlegt, meine Karten für die Philharmonie zurückzugeben.“ Sie sei nicht gut zu Fuß und die Anreise per S-Bahn sehr beschwerlich gewesen. Einige ihrer Bekannten würden deshalb am Montag von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich das Eintrittsgeld erstatten zu lassen.

Andere Besucher wollten auch in diesem Jahr unbedingt den früheren Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker Claudio Abbado am Pult sehen - der traditionell im Mai nach Berlin kommt, um sein ehemaliges Stammorchester zu dirigieren. Insgesamt standen gestern rund 700 Mitwirkende auf der Bühne - neben den Philharmonikern und dem Pianisten Maurizio Pollini 400 kleine Sänger aus verschiedenen Berliner Kinderchören, unter anderem des Berliner Mädchenchors und des Knabenchors des Staats- und Domchors Berlin. Der Rundfunkchor Berlin und der Chor des Bayerischen Rundfunks stellten die erwachsenen Sänger.

Mit dem gestrigen Konzert unter freiem Himmel sind die Berliner Philharmoniker bereits zwei Wochen früher in die Freiluftsaison gestartet als geplant: Am 15. Juni ist das Orchester erneut in der Waldbühne zu hören: Der Konzertabend wird unter dem Motto „Los Ritmos de la Noche“ stehen. Diese nächste Open-Air Veranstaltung der Philharmoniker hat nur einen Haken: Sie ist bereits ausverkauft.

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