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Kältewelle: Frost im Job

Arbeiten bei Minusgraden. Während viele in mollig warmen Büros sitzen, heißt es für andere draußen in der Kälte schuften. Wie Berliner die Arbeit unter freiem Himmel ertragen.

Wie zum Beispiel für Schornsteinfeger Patrick Lossak. „Wenn ich aufs Dach steige, muss ich derzeit besonders aufpassen, damit ich nicht wegrutsche, weil alles vereist ist.“ Was ihn für die Kälte entschädigt, ist der Ausblick bei diesem Wetter: „Ein absolut klarer Himmel und eine tolle Sicht über die weißen Dächer Berlins.“ Trotz der Kälte versucht der Schornsteinfeger Spaß zu haben. Und wenn er vom Dach steigt, bekommt er auch schon mal einen heißen Kaffee angeboten. Am meisten freut er sich jedoch auf die heiße Dusche nach Feierabend.

Adlon-Portier Roy sucht sich aktiv Arbeit, um sich warm zu halten. „Heute habe ich sogar den Rinnstein vor dem Hotel vom Eis befreit.“ Und damit die Kälte nicht wehtut, zieht er sich extra warm an. „Ich nutze das Zwiebelprinzip, zwei paar Socken sind Pflicht.“ Seit zehn Jahren steht Roy vor dem Adlon, täglich acht Stunden. Auf die Kälte bereitet er sich mental vor. „Wenn man weiß, dass es so kalt ist, dann ist es nicht so schlimm.“

Mualla Yildirim (51) erträgt die Kälte in ihrem Kiosk gut, aber nur mit der Gasheizung dicht an ihren Füßen. „So ist es richtig warm.“ Deswegen reicht ihr im Kiosk auch eine dünne Strickjacke. Aber kalt wird ihr alle fünf Minuten. Dann muss sie nämlich raus, um Ordnung zu schaffen an der Zeitungsauslage.

„Mir macht die Kälte gar nichts aus“, sagt Objektschützer Bernd Neumann. Ab sieben Uhr morgens bewacht er die Synagoge in der Oranienburger Straße. „Ich habe mich jahrelang abgehärtet. Machen Sie mal 35 Jahre meinen Job.“ Davor hat der 59-Jährige auf dem Bau gearbeitet. Sein Rezept gegen die Kälte: „Immer schöne, warme Gedanken machen.“

Martin Hollmann ist seit 1994 Fahrradkurier und liebt seinen Job, egal bei welchem Wetter. „Man kann die Körpertemperatur über die Geschwindigkeit regeln. Wird es kalt, muss ich ein bisschen schneller fahren. Nur schwitzen darf ich nicht.“ Das Fahren bei Minusgraden hat Vorteile: „Es sind kaum Radfahrer unterwegs, und die Straßen sind frei. Im Sommer ist es schlimm, wenn jeder fährt.“ Was den 39-Jährigen jedoch an der Kälte stört, ist das Herumstehen. „Wenn man mal eine halbe Stunde Wartezeit hat, ist man fast festgefroren, und andauernd in ein Café gehen ist auf die Dauer zu teuer.“

Tankstellen-Verkäuferin Franziska Sasse plagen ganz andere Probleme. „Seit gestern sind Frostschutzmittel ausverkauft. Die Lager sind leer.“ Und das ist bei vielen Tankstellen so. „Heute kamen bestimmt 30 bis 40 frustrierte Kunden, die schon woanders ihr Glück versucht hatten.“ Auch Türschloss -Enteiser sind gerade Mangelware. Immerhin: Kratzer für die Windschutzscheibe gibt es noch. Bis gestern mussten die beiden auch öfter mal raus, um dem Tankwart beim Nachfüllen des Frostschutzmittels zu helfen. „Dem geht es draußen in seinem Häuschen viel schlechter als uns. Gott sei Dank haben wir drinnen eine gut funktionierende Heizung.“Anna Corves/Hadija Haruna

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