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Samba in Berlin - das gibt es nur zum Karneval der Kulturen.

© dpa

Karneval der Kulturen in Berlin: Samba und Sonnenbrand in Kreuzberg

Bei strahlendem Sonnenschein haben am Pfingssonntag rund 700.000 Menschen in Berlin den traditionellen Karneval der Kulturen gefeiert. In diesem Jahr war das Fest ungewohnt politisch. Die Veranstalter bangen um die Zukunft des Projektes.

„Wir haben zwei Monate für diesen Tag geübt“, sagt Sam van Sweevelt kurz bevor sich der Tross in Bewegung setzt. Der Niederländer ist zum ersten Mal beim Karneval der Kulturen in Berlin dabei. Er koordiniert die Show vom „Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi“. „Da das Wetter so gut ist, sind wir mit fast 70 Kindern dabei“, erzählt der 28-Jährige, während er mit vier bunten Kegeln jongliert. Ein paar Wagen dahinter, direkt nach dem „Tscherkessischen Kulturverein“ rollt auch das Gespann vom „Funkhaus Grünau“ an den Start. Die Besonderheit: Die zwanzig Mitglieder der Gruppe schieben ihren großen Anhänger allein durch ihre Muskelkraft. Der Strom für die Musikanlage ist ebenfalls selbst gemacht. Auf dem Wagen stehen zwei Fahrräder. „Wenn man dort in die Pedale tritt, erzeugt ein kleiner Generator Energie“, erzählt eines der Gruppenmitglieder. Nachhaltigkeit ist wichtig für die Aktivisten aus Grünau – sämtlicher Wagen-Schmuck, sowie die Kostüme der Gruppe sind aus Plastikabfällen gefertigt. Das sieht bunt und verrückt aus.

Der kunterbunte Umzug zum Karneval der Kulturen ist auch im Jahr 2013 ein Publikumsmagnet: Rund 700.000 Besucher kamen am Pfingstsonntag nach Kreuzberg, um über brasilianische Samba-Schönheiten, chinesische Drachen oder tanzende Rollschuhfahrer zu staunen. Die Parade startete pünktlich um 12.30 Uhr am Hermannplatz in Neukölln und bahnte sich langsam den Weg durch die Zuschauermassen entlang der Hasenheide, über den Südstern bis hin zur Yorkstraße. Nach den Polizeibeamten, die am Pfingstsonntag lediglich auf ihre Dienstmützen verzichteten, kamen die ersten Teilnehmer des Umzugs: Spärlich bekleidete Tänzerinnen der Sambaschule „Sapucaiu No Samba“ aus Charlottenburg, gefolgt von 150 Trommlern. Nach und nach setzten sich auch die anderen Wagen in Bewegung. Insgesamt nahmen in diesem Jahr 74 Gruppen mit rund 4000 Akteuren am Umzug teil.

Irgendwo zwischen einer Marschkapelle in Lederhosen und koreanischen und afrikanischen Kulturvereinen läuft Sabine Jahnke. Sie kam vor einem Jahr nach Berlin und ist das erste Mal auf dem Karneval der Kulturen. Gemeinsam mit 19 weiteren Frauen und einem Mann bildet sie die Hulahoop-Tanzgruppe „Hoopla! Berlin“. „Damit wir den ganzen Umzug durchhalten, haben wir natürlich genügend Wasser dabei und ganz viele Energieriegel“, erzählt die Neu-Berlinerin. Als Zuschauerin wäre sie aber heute nicht gekommen: „Das ist mir hier einfach zu voll“.

Besonders augenscheinlich: In diesem Jahr geht es vielfach um politische Forderungen und um die Zukunft der Veranstaltung selbst. „Die Zahl der teilnehmenden Gruppen geht seit Jahren zurück, da vielen schlichtweg das Geld fehlt.“, erzählt Vassiliki Gortsas, Pressesprecherin der „Werkstatt der Kulturen“, den Veranstaltern des Karnevals. Sie fordern einen speziellen Fonds aus Senatsgeldern, bei dem sich die Gruppen um finanzielle Unterstützung bewerben können. Angeführt wurde der Umzug zum Auftakt von einem aus Ästen zusammengesetzten „Protestbaum“. Mit dem Symbol wollten die Teilnehmer auf ihre Geldsorgen aufmerksam machen.

Keine Geldsorgen scheinen hingegen jene Wagen zu haben, die beim Karneval Elektromusik spielen. Hier gebe es so viele Bewerber, dass ausgelost werden muss, wer am Ende am Umzug teilnehmen darf, sagt Gortsas. Die Elektromusik-Gruppen hätten oft Sponsoren, welche ihnen finanziell unter die Arme greifen würden. Kleinere Vereine und Initiativen hätten diese Möglichkeit aber meist nicht.

In Neukölln starten indes die letzten Wagen, große LKW's mit glitzernden Tänzern darauf. Sie schmeißen Konfetti, pusten Seifenblasen in die Menge. Dahinter kommen sie schließlich - besagte Umzugswagen mit Elektromusik. „Das ist ja wie bei der Loveparade“ raunt eine ältere Dame ihrem Mann zu. Doch den jungen Berlinerinnen und Berlinern gefällt es. So ist das eben beim Karneval der Kulturen.

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