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Roter baron

© Warner

Kino: Der Rote Baron erobert Berlin

Morgen feiert der Film über Manfred von Richthofen, den Roten Baron, Premiere am Potsdamer Platz. In der Stadt erinnert vieles an ihn.

Er war nicht nur der erfolgreichste Jagdflieger seiner Zeit, sondern ebenso – oder gerade deshalb – einer der begehrtesten Junggesellen. Ein Nebeneffekt der Luftsiege, der Manfred von Richthofen lästig war, doch er wusste sich zu helfen. Etwa als er im Oktober 1917 auf Heimaturlaub im niederschlesischen Schweidnitz seine Autobiografie „Der rote Kampfflieger“ abschließen wollte. Der Ullstein-Verlag hatte eigens eine junge Stenotypistin aus Berlin geschickt, ihm gleichgültig, aber doch ansehnlich genug, um sie als „meine Braut“ deklarieren und so die heiratslustigen Töchter des Landadels in die Flucht schlagen zu können.

Diese Episode aus dem Fliegerleben Richthofens ist der komische Teil seiner vielfältigen Verbindungen zu Berlin, während die Premiere von Niki Müllerschöns „Der Rote Baron“ an diesem Montag im Cinestar am Potsdamer Platz, mit Matthias Schweighöfer in der Titelrolle und Joseph Fiennes als gegnerischem Piloten, den glamourösen abgibt. Und das waren dann auch schon die heiteren Seiten der Beziehung zwischen Baron und Berlin. Die anderen kommen schicksalsschwer, voll vaterländischem Pathos und fragwürdiger nationalistischer Propaganda daher – oder als stumpfsinniger Kasernenhofdrill, wie er die militärische Ausbildung im Wilhelminismus prägte.

Manfred von Richthofen, am 2. Mai 1892 in Breslau als Sohn eines Offiziers geboren, sollte ebenfalls diese Laufbahn einschlagen, wechselte daher, nach einem Jahr Gymnasium, auf die Kadettenanstalt Wahlstatt und von dort, 17 Jahre alt, auf die Preußische Hauptkadettenanstalt in der heutigen Finckensteinallee in Lichterfelde, der zentralen Offiziersschule, mit einer Mischung aus militärischer und realgymnasialer Ausbildung. Als Fähnrich wechselte das künftige Fliegerass im Frühjahr 1911 nach Westpreußen zu einem Ulanen-Regiment, wurde im Jahr darauf an die Kriegsschule in der Berliner Dorotheenstraße beordert und schloss dort die Offiziersausbildung als Leutnant ab.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs diente Richthofen zunächst bei der Kavallerie, ließ sich aber bald zur neuen Fliegertruppe versetzen, als Beobachter in Aufklärern und Bombern. Die anschließende Ausbildung zum Jagdpiloten war hürdenreicher als erwartet: Erst beim dritten Anlauf bestand er die Prüfung, den letzten Schliff hatte er auf dem Flugplatz Döberitz, westlich von Berlin, erhalten.

Während der kurzen Karriere als Jagdpilot – am 17. September 1916 feierte er den ersten Abschuss, am 21. April 1918, einen Tag nach dem 80. Luftsieg, wurde er selbst abgeschossen und getötet – weilte Richthofen mehrfach in Berlin. So war er Anfang 1918 nach Adlershof zur Prüfanstalt der Flugzeugmeisterei abkommandiert, die Heeresführung wollte ihren Helden, dessen Tod mit jedem Kampfeinsatz wahrscheinlicher wurde, unbedingt am Leben erhalten – vergeblich.

Doch auch als Toter taugte der Rote Baron für die vaterländische Propaganda. Zunächst war er von den Briten auf dem Dorffriedhof von Bertangles, nahe Amiens, begraben worden, später hatten ihn die Franzosen auf einen Soldatenfriedhof bei Fricourt umgebettet. Erst sieben Jahre nach seinem Tod kehrte Richthofen nach Deutschland zurück, um auf dem Berliner Invalidenfriedhof seine, wie man glaubte, letzte Ruhestätte zu finden. Die Ankunft am Abend des 18. November 1925 auf dem Potsdamer Bahnhof, die Aufbahrung in einer Kirche, schließlich die Beisetzung am 20. November waren großes nationales Trauertheater, inszeniert als Staatsakt, mit Reichspräsident Paul von Hindenburg, der als kaiserlicher Generalfeldmarschall auftrat. Ein Kult um Opferbereitschaft und Heldentod wurde hier begründet, den die Nationalsozialisten, für die unter Hermann Göring neugegründete Luftwaffe um Identifikationsfiguren bemüht, gezielt aufgriffen. Den Todestag des Barons erklärte Göring, der Richthofens Geschwader noch fünf Monate bis zur Auflösung im November 1918 kommandiert hatte, zum Tag der Luftwaffe. 1936 wurden mit viel Trara 16 Straßen in Tempelhof nach Fliegern benannt, allen voran die Manfred-vonRichthofen-Straße.

Im Jahr darauf ließ Göring hinter dem Grab des Roten Barons einen pompösen Grabstein mit dem Namen „Richthofen“ aufstellen. Der verschwand erst 1975 wieder und mit ihm das ganze Grab. Mittlerweile lag der Invalidenfriedhof im Sperrgebiet, wurde von den DDR-Grenztruppen daher teilweise eingeebnet. In diskreten Verhandlungen gelang es der Familie, die Zustimmung der Ost-Berliner Behörden zur erneuten Exhumierung der sterblichen Überreste des Piloten zu erlangen, die seither in Wiesbaden im Familiengrab bestattet sind.

Den Grabstein von 1937 erhielt die Bundesluftwaffe als Geschenk, er steht nun auf dem Fliegerhorst Wittmund beim Jagdgeschwader 71 „Richthofen“. Einmal im Jahr, in zeitlicher Nähe zum Todestag des Namenspatrons, wird dort beim Treffen der Traditionsgemeinschaft des Geschwaders seiner gedacht. Selbstverständlich haben die Phantom-Piloten in ihrer militärgeschichtlichen Sammlung auch einen Nachbau der Fokker DR.I, des berühmten roten Dreideckers. In Berlin kann man solch eine Maschine im Luftwaffenmuseum Gatow bestaunen. Ein Original des Typs gab es bis 1943 im Zeughaus, es verbrannte bei einem Bombenangriff, fiel also der gleichen militärischen Fertigkeit zum Opfer, mit der Richthofen seine fliegerische Laufbahn begonnen hatte.

Anlässlich des 80. Todestages des Jagdfliegers hat der Verlag Klett-Cotta Joachim Castans Biografie „Der Rote Baron. Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen“ (360 Seiten, 24,50 Euro) herausgebracht.

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